AG Mensa goes StuWe

Der Geschäftsbereich Hochschulgastronomie des Studierendenwerks (“StuWe”) verwaltet in Dresden, Zittau, Görlitz, Tharandt und Rothenburg insgesamt 20 Mensen und 7 Cafeterien. An jedem einzelnen Standort unsere im offenen Brief für mehr Klimagerechtigkeit formulierten Forderungen und darüber hinaus gehenden Bestrebungen umzusetzen gleicht dabei leider einer Sisyphusaufgabe. Da es im Leben neben netten Dialogen mit Küchen- und Serviceleitungen auch noch andere schöne Dinge gibt, entschloss sich die AG Mensa die Kommunikation mit den Ansprechpersonen im Geschäftsbereich Hochschulgastronomie zu suchen, um Änderungen möglichst zentral anzugehen und auf alle Standorte zugleich anzuwenden. 

Nachdem der Kontakt zwischen tuuwi und StuWe einige Jahre eingeschlafen war, freute sich das StuWe trotz des ambitionierten Offenen Briefes tatsächlich über die Wiederbelebung der AG Mensa und lud uns vergangenen Freitag in ihre heiligen Hallen in der Fritz-Löffler-Str. ein. 

Gut vorbereitet machten sich vier Tuuwis zum Treffen auf. Auch das StuWe war durch vier Personen vertreten (Herr Lehmann – Geschäftsbereichleiter Hochschulgastronomie; Herr Reinhardt – ehemals im Zeltschlösschen und nun Fachbereichsleiter Mensen und Cafeterien; Frau Wolff – bis 2019 Küchenleiterin der Alte Mensa, nun Küchenkoordinatorin und Frau Heinrich – Fachbereichsleiterin Hygiene). 

FYI Dem Treffen ging ein Gespräch eines Tuuwis mit Hr. Lehmann voraus, der durch das kontinuierliche Bewerten (und Kritisieren) der Gerichte über einen langen Zeitraum eingeladen wurde. Ihr könnt täglich eure Gerichte über diesen Link bewerten und bekommt garantiert eine Antwort. Das ist eine super direkte Möglichkeit, der Küche Feedback zu geben, die sonst bis auf die Verkaufszahlen kaum Meinungen von Gästen mitbekommen können. Die Bewertungen werden danach ins allmorgendliche Küchenteamgespräch aufgenommen. 

Was wollen wir und in welcher Rolle sieht sich das StuWe?

Eingangs machten wir durch eine kurze Präsentation klar, dass wir für klimagerechtere Mensen einstehen wollen, da etwa 83% der landwirtschaftlichen genutzten Flächen ausschließlich für Futtermittel und Weideland benötigt werden, obwohl Tierprodukte nur 18% der Kalorien/37 % der Proteine zur durchschnittlichen Ernährung beitragen! Dafür wird in großem Maße Regenwald zerstört und, um nur eine grausame Zahl zu nennen, allein in Deutschland werden jährlich ca. 60 Millionen Schweine geschlachtet. Zudem geht die Nutztierhaltung mit unglaublichem Leid einher. 

Das StuWe hält, für uns schwer verständlich, entgegen, dass es einen sozialen Auftrag hat. Dazu gehört ihrer Meinung nach auch der erschwingliche Zugang zu Fleisch und Fisch. Sie sehen sich nicht in der Rolle sieht zu Erziehen, geschweige denn Verbote einzuführen. 

Zur Stärkung unserer Motivation kamen uns einige aktuelle und lokale Ereignisse zu Gute. Voran natürlich der Stadtratsbeschluss vom Donnerstag, der Klimaschutz zur höchsten Priorität des Handelns erklärt. Auch konnten wir auf die Traktorendemos vom 17.01. und 30.01. eingehendie in Dresden für reichlich dicke Luft sorgten. Zudem bekamen einige Tuuwis kürzlich eine exklusive Führung durch die Ausstellung “Von Pflanzen und Menschen” im DHMDDort wurde uns klar gemacht, dass für 1l Milch 4l Gülle anfallen. Das sorgt für enorme Probleme. Zu viele Nutztiere bedeuten zu viel Gülle, die als Dünger auf die Felder ausgebracht wird. Das endet ab einer gewissen Menge in der Übersättigung des Bodens und führt am Ende zu deutlich überhöhten Nitratwerten. Deswegen droht die EU mit täglich über 800.000€ Strafe. Infolgedessen wurde eine neue Düngemittelverordnung verabschiedet. Diese sieht vor, die Menge an Gülle pro Hektar auf Basis wissenschaftlicher Empfehlungen zu verringern. Unter anderem gegen diese Verordnung richtet sich der Traktorenprotest. Ein absurder Kreislauf. Auch das StuWe trägt zu diesen Problemen bei. 

Querfinanzierung von Gerichten

Unser erster Punkt war die Preispolitik. Derzeit gibt es für Studis, Beschäftigte und Gäste drei unterschiedliche Preise. Der Preis für Beschäftigte berechnet sich aus dem Wareneinsatz + einem festen prozentualen Aufschlag. Der Bedienstetenpreis spiegelt also den wahren Preis wider. Beim Studipreis wird davon zunächst ein fester Prozentsatz von 45% abgezogen. Dieser finanziert sich aus dem StuWe-Anteil des Semesterbeitrags. Weiterhin muss jede Mensa ein Sozialessen für 2,35€ oder weniger anbieten. Schließlich kann noch ein Essen des Sortiments über den sogenannten Nice-Preis um 15 Cent reduziert werden.  Die Wahl des Sozialessens und die Vergabe des Nice-Preis liegen in der Hand der Küchenleitung. 

Eigentlich wunderbar einfache Stellschrauben, um vegan/vegetarisches Essen zu unterstützen? Nichts da, wie folgende Bilder zeigen. 

Wir fordern daher, Nice-Preis und Sozialessen bevorzugt auf vegane Speisen, seltener auf vegetarische und nie auf fleischbasierte Gerichte zu vergeben. Traumhaft wäre einen Klima-Nice-Preis einzuführen, der stets auf das klimafreundlichste Essen angewendet wird. Das bedingt natürlich die Berechnung der CO2-Äquivalente aller Essen. Das ist noch Zukunftsmusik, aber wir sind dran! 

Ein anderes Modell: Gericht A wird 1000x angeboten und 5 Cent teurer gemacht. können die 500 Portionen von Gericht B 10 Cent günstiger gemacht werden. So kann z.B. auch bei höheren Produktkosten gewährleistet werden, dass vegane und klimafreundliche Gerichte immer günstiger als klimaunfreundliche (Fleisch-)gerichte sind. Das ist besonders relevant an Ausgaben, an denen es nur zwei Gerichte gibt und demnach die Gerichte direkt miteinander konkurrieren. Dazu gehören beispielsweise die Abendausgaben der Alten Mensa und des Siedepunkts sowie das U-Boot.

Das StuWe argumentiert hingegen, Fleischessende nicht bestrafen zu wollen und dass deWunsch nach Fleischgerichten gerade bei Beschäftigten besteht. Sie sehen sich in der Rolle soziale Aspekte zu berücksichtigen, sodass sich eben alle auch mal ein Rumpsteak und Fisch leisten können. Es wird klar kommuniziert, dass das StuWe alle mitnehmen möchte und die bisherigen Regelungen auch mit den studentischen Vertretungen des Verwaltungsrats abgestimmt wurden. Dazu merkt das StuWe an:

“Wenn 42.000 Hochschulangehörige veganes Angebot fordern, stellen wir das gerne bereit, kochen dann aber für uns noch etwas extra. 

Wie gut, dass auf der 2.StuRa-Sondersitzung im Zuge der Verhandlungen zu den allgemeinen Forderungen an die Unileitung sechs der sieben Forderungen unseres offenen Briefes ein positives Stimmungsbild erhielten (die Neue Mensa als vegane Biomensa war dann auch dem StuRa etwas zu forsch). Unser offener Brief wird darin als eine Forderung angeführt. Gerade arbeitet eine StuRa-Projektgruppe einen Forderungskatalog aus, der dann Mitte April im StuRa-Plenum abgestimmt werden soll. 

Am Ende lenkt das StuWe doch ein und gesteht, dass eine solche Preisgestaltung langfristig denkbar ist. Allerdings müssen nach ihrer Meinung Schritt für Schritt kleine Änderungen erfolgen, denn das StuWe sei ein schwerer und großer Tanker – kennen wir das nicht irgendwo her?

Statistik der Mensen

Im Dezember hatten wir bereits erfragt, ob wir für die letzten Jahre eine Statisitik bekommen könnten, welche die Entwicklung des Verhältnisses von insgesamt angebotenen vegan/vegetarischen/omnivoren Gerichten darstellt. Eine zweite Statistik sollte zeigen, wie viele Gerichte wirklich verkauft wurden. Bisher reden wir leider eher über subjektive Eindrücke. Lustiger-, oder eher traurigerweise hat das StuWe diese Zahlen selbst noch immer nicht. Uns wird aber versichert, das bis zum nächsten Treffen nachzuholen. Wir sind gespannt! Uns wurde in letzter Zeit oft zugetragen, dass die veganen Gerichte sehr schnell ausverkauft seien – endgültig beweisen können wir das leider (noch) nicht. 

Immerhin erfahren wir von Hr. Reinhardt und Fr. Wolff, dass in der Alten Mensa von täglich über 5.000 ausgegebenen Essen an guten Tagen 800 vegan sind, und sich im Zeltschlösschen von den bis zu 2.800 ausgegebenen Essen der vegane Anteil von etwa 200 auf durchscnittlich 800 erhöht hat. 

Jeden Tag ein veganes Gericht

Die erste Forderung unseres offenen Briefes und unser Gesprächshauptanliegen ist, dass in JEDER Mensa täglich mindestens ein pflanzenbasiertes Hauptgericht angeboten werden soll. Das ist bisher nur im Zeltschlösschen der Fall. Insbesondere für die Alte Mensa sehen wir das als notwendige und kurzfristig umzusetzende Maßnahme an. Leider rechtfertigt die Mensaleitung oft, dass die Menschen doch ins Zeltschlösschen gehen könnten. Das ist aber für viele Hochschulangehörige in oft kurzen Mittagspausen nicht so einfach möglich. Gar nicht so sozial, oder? Immerhin ist dieses Jahr der Küchenchef des Zeltschlösschens in die Alte Mensa gewechselt, wovon wir uns dahingehend Fortschritte erhoffen. Auch das Abendangebot ist ein Thema. So gibt es montags und mittwochs im Siedepunkt und dienstags und donnerstags in der Alten Mensa ein veganes Gericht. Warum nicht gleich an jedem Tag… Oft werden so laktoseintolerante und vegan lebende Menschen ausgegrenzt. Das StuWe merkt an: 

“Wir sollten es wieder wie unsere Großeltern machen – unter der Woche kein Fleisch essen und am Wochenende gibt’s einen Braten”,

woraufhin wir kommentieren: 

“Perfekt, dann gibt’s ab sofort vegan/vegetarische Mensen und am Wochenende wird zu Hause gekocht?!”

Alle müssen schmunzeln. An sich schätzen die Menschen des StuWe die Forderung als realistisch ein. Hier wollen sie gerade durch das Veganisieren von Gerichten den Umstieg schaffen. Kartoffelbrei mit Sojamilch, Rotkraut ohne Speck, Dips aus Sojajoghurt und die Verwendung pflanzlicher Margarine anstatt Butter können hier einfache und dennoch leckere Lösungen sein. 

Fazit 

Bei dem Treffen prallen sicherlich zwei noch immer ziemlich verschiedene Sichtweisen aufeinander. Doch gerade unter diesen Umständen ist es wichtig, miteinander ins Gespräch zu kommen. Dafür war der Termin ein guter Anlass und für alle Beteiligten war viel Interessantes dabei. So erfuhren wir beispielsweise, dass das StuWe zu gut 90% Ökostrom bezieht – das ist für die TUD leider noch Wunschdenken. “Nur” 90%, da in den Mensen, die auf den Flächen der Uni stehen und damit dem SIB gehören, dennoch der konventionelle Strommix aus der Steckdose genutzt werden muss. 

Auch war es für uns spannend, mehr über Probleme und Bemühungen hinter den Kulissen zu erfahren. Im Großhandel gibt es beispielsweise noch keine Sojajoghurtgebinde über 500g. Bei 20t Sojajoghurt im Jahr können wir uns vorstellen, wie viel unnötiger Plastikmüll dabei entsteht. Erschwerend kommt hier auch die zeitliche Komponente hinzu, da die Mensen personell stark zu rudern haben. Daran scheitert auch die Im-Haus-Herstellung von Pflanzendrinks. So muss auch hier auf 1l-Verpackungen des Großkonzerns Alpro zurückgegriffen werden. Dennoch kommt es oft zu Lieferengpässen. Gemüse, dass aus Zeitgründen bereits vorgeschnitten ist, kostet den vierfachen Preis. Hier gibt es seitens der Lebensmittelproduzierenden noch jede Menge Nachholbedarf. 

Wie geht’s weiter

Erfreulicherweise definierte das StuWe am Ende von selbst ein gemeinsames Ziel: Den kontinuierlichen Ausbau des vegan/vegetarischen Angebots

Aufgrund der Zeit konnten wir viele weitere Themen noch nicht anschneiden, dazu zählen

Geplant sind ab sofort monatliche Treffen mit dem StuWe, um auch diese Punkte zu behandeln, Fortschritte zu besprechen und konkrete(re) Maßnahmen abzuleiten. Wir sind echt glücklich, mit unserer AG in so kurzer Zeit an diesen Punkt gekommen zu sein!

Weiterhin haben wir aus dem Gespräch mitgenommen, dass wir uns auch mit Vertreter*innen der HTW kurzschließen sollten. Auch die Kommunikation mit den studentischen Vertretungen im Verwaltungsrat des StuWe, von denen eine selbst in der Tuuwi ist, steht ganz oben auf der Liste. Nicht zu vergessen der Kontakt zum StuRa als offizielle Vertretung der Studierendenschaft, der unseren Forderungen mehr Rückhalt kann.

Wer sich uns anschließen möchte um eigene Ideen in die weitere Vorantreibung der Projekte einzubringen, fühle sich herzlich willkommen oder schreibe an mensa[at]tuuwi.de. Wir freuen uns immer über kreative und engagierte Menschen.