Am 29. Mai fand die Umweltringvorlesung Kapital is muss!? Wirtschaftsethik und –alternativen nicht als klassische Vorlesung sondern als Café statt. Bei einem solchen Café präsentieren sich verschiedene Gesprächspartner*innen an Tischen zwischen denen die Anwesenden in einem bestimmten Zeitrythmus wechseln und so alle miteinander ins Gespräch kommen. In diesem Fall konnten sie sich in gemütlicher Atmosphäre mit Vertreter*innen unterschiedlicher Initiativen unterhalten, die Wirtschaft neu denken- nachhaltiger, sozialer, zukunftsfähig.
An zwei Tischen präsentierten sich Dresdner Solidarische Landwirtschaften (SoLaWis). Bei diesem Konzept unterstützt man ein Jahr lang finanziell eine Bäuerin oder einen Bauern aus der Region und erhält im Gegenzug einmal die Woche eine Kiste mit saisonalen Lebensmitteln vom Hof, die man in Depots abholen kann. Solidarität entsteht so nicht nur mit den Landwirt*innen, sondern auch mit den Verbraucher*innen- je nach Lebenssituation kann ein individueller Beitrag gewählt werden, wodurch z.B. auch Studierende problemlos an dieser Art der regionalen und nachhaltigen Landwirtschaft teilhaben können. Das Prinzip des solidarischen Landwirtschaftens zwischen Verbraucher*innen und Landwirt*innen haben wir ausführlich in diesem Artikel behandelt.
Ebenfalls vertreten war die regionale Währung Elbtaler. Mit dieser soll der Wertschöpfungskreislauf von Geldausgaben für Produktion und Verkauf in der Region gehalten werden. Transportwege beispielsweise bleiben kurz und lokale Kleinunternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen werden unterstützt. Wenn man den Elbtaler innerhalb einer bestimmten Frist nicht ausgibt, verfällt sein Wert. Auf diese Weise soll das Geld immer im Umlauf bleiben und nicht gehortet werden, sodass neues Geld gedruckt werden muss. Perspektivisch soll der Elbtaler den Euro als regionales Zahlungsmittel ergänzen. Ziel ist die Etablierung regionaler Währungen überall in Deutschland. In Dresden beteiligen sich am Elbtaler z.B. bereits Bäckereien, Handwerksbetriebe und ein Energieanbieter.
Die Gemeinwohlökonomie Dresden hat ein alternatives, nicht finanzbasiertes Konzept zur Bilanzierung vom Unternehmen entworfen. Mithilfe einer fortlaufend weiterentwickelten Matrix können sich Unternehmen bewerten lassen und anhand der erreichten Punktzahl sehen, wie sehr sie zum Gemeinwohl beitragen. Null Punkte stehen dabei für den gesetzlichen Standard. Auch Werte unter Null sind also möglich. Möchte sich ein Unternehmen die eigene Gemeinnützigkeit zertifizieren lassen kann das die Gemeinwohlökonomie Dresden durch ausgebildete Berater*innen und Zertifizier*innen übernehmen.
Schließlich gehörte auch eine Gruppe der TU Dresden zu den anwesenden Initiativen, die Hochschulgruppe “Netzwerk Plurale Ökonomie“. Die Hochschulgruppe übt Kritik an der Beschränkung der Lehre an der TUD im Bereich Volkswirtschaftslehre (VWL) auf die sogenannte Neoklassik. Diese Strömung hat sich im 20. Jahrhundert durchgesetzt, weil sie die Wirtschaftslehre stark mathematisiert und wie eine Naturwissenschaft betrachtet. Auf diese Weise lassen sich mit den neoklassischen Modellen Annahmen über menschliches Verhalten auf dem Markt (Konsument*innen und Produzent*innen) treffen und daraus Formeln darüber aufstellen, wie unsere Wirtschaft funktioniert. Allerdings entsprechen diese Annahmen nicht der Realität. Beispielsweise ist die Betrachtung des Menschen als „homo oeconomicus“ (Kaufentscheidungen werden immer nach dem niedrigsten Preis getroffen) zu vereinfacht gedacht, Preis und Qualität korrelieren, wie in der Neoklassik angenommen, keinesfalls immer und insgesamt lassen sich die zweidimensionalen Berechnungen nur schwer auf die reale Welt übertragen, da viele wichtige Faktoren, wie beispielsweise der Mensch selbst, ausgeklammert werden. Die Hochschulgruppe versucht, bei den Studierenden der VWL ein Bewusstsein für die Beschränktheit der momentanen Lehre und ihre Nachteile zu schaffen und alternative Betrachtungsweisen der Wirtschaft an unserer Universität zu fördern und etablieren.
Ihr interessiert euch für Wirtschaft, studiert vielleicht in dieser Richtung oder wollt einfach so mehr darüber erfahren, wie man Wirtschaft und Nachhaltigkeit miteinander verbinden kann? Dann kommt zu den nächsten Terminen der Umweltringvorlesung:
immer Mittwochs, 16:40 bis 18:10 im POT 112
Hier geht’s zum vollständigen Programm der Umweltringvorlesung