Fragen …

Das Klimacamp im Leipziger Land ist vorbei. Viele tuuwis waren Teil dessen und sind voller Eindrücke.

Denn vor einem Tagebau stehend, in dieses riesige Loch blickend, im Hintergrund dieses abstrakt große Kraftwerk, beginnt man sich Fragen zu stellen, auf die man keine Antwort hat.

Fragen wie …

Würden die Menschen anfangen, weniger zu konsumieren und zu verbrauchen, wenn sie die Menschen kennen würden, die hier vertrieben werden? Sehen würden, wieviel Natur hier in ein großes schwarzes Loch verwandelt wird?

Wenn anstelle des 5 mal 5 km großen Lochs eine Großstadt wäre, wieviele Menschen könnten da leben? 100.000? 500.000?

Ist den Menschen vor Ort bekannt, dass auf der anderen Seite der Erde, dem Inselstaat Tuvalu, mittlerweile Entsalzungsanlagen eingesetzt werden müssen, da der Meeresspiegelanstieg zur Grundwasserversalzung führt?

Dass auch wir hier in Deutschland dafür verantwortlich sind?

Dass CO2 auch in den Meeren gebunden wird und dort zu einer Versauerung führt und das Meer als Ökosystem insgesamt gefährdet?

Ist es Zynismus, dass Tagebaue immer die Namen der Orte tragen, die zerstört wurden? Oder eine Art absurdes Gedenken an den Ort?

Warum sehe ich die Tagebaue in Mitteldeutschland auf einem Satellitenbild von Europa, wenn doch angeblich das einzige menschengemachte Bauwerk, welches aus dem Weltall zu sehen ist, die chinesische Mauer sein soll?

Wie verdrängt man den Gedanken, seinen Kindern eine kaputte Erde zu hinterlassen, wenn man im Tagebau arbeitet?

Ist ein „sicherer Arbeitsplatz“ eigentlich eine Art Religion?

Warum ist es für Schulklassen keine Pflicht, sich einen Tagebau anzusehen und die Folgen dieses Eingriffs kennenzulernen?

Warum wächst in so einem riesigen Loch eigentlich keine einzige Pflanze?

Ist den Menschen bewusst, dass ein Drittel der gefluteten Tagebaue, die der „Erholung“ dienen sollen, so sauer sind, dass kein Fisch drin überleben würde? Und dass es für das Problem bei vielen Seen keine langfristige Lösung gibt? Dass es womöglich viele hundert Jahre dauern kann, bis sich der Zustand ändert?

Warum arbeitet der ehemalige sächsische Ministerpräsident Tillich, der sich jahrzehntelang für die Kohleindustrie eingesetzt hat, jetzt als Vorsitzender in der Kohlekommission, die den Ausstieg aus der Kohle planen soll?

Warum sitzt in dieser Kommission kein Mensch von den Grünen? Oder einer anderen Oppositionspartei?

Warum darf ein Konzern 80% der Häuser eines Dorfes kaufen, ohne dass er die Häuser nutzt? Und noch nicht mal eine Genehmigung hat, an dieser Stelle Bergbau zu betreiben?

Was sagt es über uns aus, dass die höchsten Gebäude früher Schlösser und Kirchen waren, heute aber Kühltürme sind? Dass selbst das Wahrzeichen Leipzigs, das Cityhochhaus, 30 m niedriger ist?

Warum ist es möglich in Deutschland 100.000 Menschen, die auf dem Dorf leben durch den Braunkohletagebau zu vertreiben, nicht aber 100.000 Menschen einer Stadt?

Ist den Menschen bewusst, dass dieses Kraftwerk jährlich über 10 Mrd. kg CO2 ausstößt?

Und außerdem noch Tonnen von Arsen, Cadmium, Quecksilber, Blei, Chrom und andere Schwermetallen?

Dass die tödliche Dosis von Arsen bei einer Menge von 100 mg liegt?

Dass man mit den 72 kg Arsen, die das Kraftwerk 2013 ausgestoßen hat, somit 720.000 Menschen tödlich vergiften könnte?

Und wenn diese ganzen Fragen im Raum stehen, warum laufen diese Bagger eigentlich noch jeden verdammten Tag?

Photos (wikipedia)
Kraftwerk Lippendorf: Ansgar Koreng / CC BY-SA 4.0
Tagebau Vereinigtes Schleenhain: High Contrast / CC BY 3.0 DE