Mittlerweise wissen wir alle, dass ein erheblicher Teil unseres CO2-Fußabdrucks durch unsere tägliche Ernährung entsteht, wobei verschiedene Gerichte unterschiedliche Mengen klimaschädlicher Gase verursachen. Doch wie sollen wir diese Klima- und Umweltbelastung reduzieren, besonders wenn wir unterwegs sind und keinen Einfluss auf die Zubereitung und die Zutaten des Essens haben, beispielsweise in der Mensa. Genau hier setzt unser Projekt Klimabewusste Mensa (oder auch nur kurz “CO2-Projekt”) an.
Unser Ziel ist die transparente Sichtbarmachung der CO2-Äquivalente, welche infolge der Herstellung eines Mensa-Gerichts entstehen. Konkret heißt das: Eine automatisierte Berechnung und öffentliche Anzeige der Werte ALLER Gerichte in ALLEN Mensen. Damit könnten alle Mensagäste den Klimaeinfluss der Gerichte in ihre Auswahl einfließen lassen. Zusätzlich wären damit auch die Mensaküchen viel besser in der Lage, die Rezepte gezielt klimafreundlicher zu gestalten.
Motivation
Die bisherigen Maßnahmen zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen (insb. CO2, Methan und Lachgas, zusammengefasst in der Einheit CO2-Äquivalente, kurz CO2eq) reichen bei Weitem nicht aus. Gerade die Bevölkerung der wohlhabenden Länder des globalen Nordens (wie Deutschland) ist hier gefragt, da wir eine besonders hohe Klima- und Umweltbelastung pro Kopf verursachen.
Insbesonderesind diesbezüglich die Universitäten und Hochschulen als Orte der Zukunft, Wissenschaft und Bildung der jungen Generationin der Pflicht. Doch wie können wir hier eine Senkung des ökologischen Fußabdrucks erreichen? Verkehrsmittelnutzung und Stromverbrauch sind offensichtliche Quellen des CO2-Ausstoßes, die oft thematisiert werden, aber ein erheblicher Teil der Klimabilanz eines Menschen versteckt sich in täglichen Konsumprodukten wie Lebensmitteln. Die Unterschiede hierbei sind enorm: Eine vollwertige Mahlzeit kann je nach Zutaten mit 200 g CO2eq auskommen, oder aber auch mehr als 3.000 g CO2eq verursachen.
Der genaue Einfluss der Zutaten ist nicht ohne größeren Aufwand und tiefergehende Recherchen bekannt oder schlicht nicht zugänglich, da Informationen fehlen. So ist bpsw. den Wenigsten bekannt, dass Reis und TK-Pommes eine wesentlich schlechtere CO2-Bilanz im Vergleich zu anderen Beilagen wie Nudeln, Quinoa oder Kartoffeln haben. Der Transport per Schiff wie auch die Verpackung haben andererseits kaum einen Einfluss auf die CO2-Gesamtbilanz. Der Anbau im Treibhaus oder der Transport per Flugzeug jedoch wiederum schon. Ein anderer erstaunlicher Fakt: Butter, nicht etwa Hühner- oder gar Rindfleisch, ist der Klimakiller Nummer 1! So kann ein Stück Kuchen bei den Großeltern am Sonntag je nach Rezept mehr CO2-Emissionen als ein Rindersteak verursachen.
Diese Information wollen wir über den Betreiber der Mensen, das Studierendenwerk (StuWe),verbreiten, sodass sie jeder Gast in die (weiterhin freie) Essensauswahl in der Mensa und später auch zu Hause einbeziehen kann.
Ein weiterer Effekt, den wir uns erhoffen, ist die Reduktion des Verbrauchs anderer natürlicher Ressourcen (z.B. Wald, Wasser, Ackerboden) sowie eine Verbesserung im Bereich Tierethik, da klimafreundliche Menüs auch hier tendenziell besser abschneiden.
Die Studierendenwerke und Hochschulen könnten mit diesem innovativen Konzept eine Spitzenposition in Sachen Klimaschutz in Deutschland einnehmen und die Attraktivität der Hochschulstandorte weiter steigern. Der Fakt, dass viele Kantinen und Restaurants schon heute eine Sichtbarmachung von CO2eq einsetzen, zeigt, dass es an Zeit ist, das Ganze auch in der Hochschulgastronomie zu etablieren.
Umsetzung
Die CO2eq-Daten werdendurch die Schweizer Firma “Eaternity” zur Verfügung gestellt, die aus einem Pilotprojekt der ETH Zürich hervorging. Die Datenbank erlaubt Methoden zur Anpassung an lokale Unterschiede der Standorte,wie z.B. Umrechnungen anhand der Importstatistiken von Deutschland im Unterschied zur Schweiz und viele weitere Faktoren. Sinnvoll ist eine Anbindung dieser Datenbank an das IT-System (tl1) der Studierendenwerke, wodurch ein besonders einfacher Ablauf im Alltag zu erwarten ist. Eaternity beliefert bereits jetzt mehrere Unternehmenskantinen und Restaurants mit den CO2eq-Daten.
Auch die deutsche Initiative “Klimateller” kooperiert mit Eaternity. Auf Basis der Datenbank bietet sie ein umfassendes Angebot für Gastronomiebetriebe an.Klimateller entwickelte z.B. Informationsmaterial, um Kund:innen beim Verständnis und der Speisenauswahl effektiv zu informieren und so die durchführenden Institute bei einem solchen Projekt zu unterstützen, was die CO2eq-Daten ideal ergänzt.
Was bisher geschah & Unterstützung
Wir sind schon seit längerer Zeit mit der Geschäftsbereichsleitung der Hochschulgastronomie Dresden zu diesem Vorhaben im Gespräch und haben das Projekt auch bereits bei weiteren Studierendenwerken angeregt. Zu unserer Freude stößt das Projekt dort bereits auf hohes Interesse.Die größten Bedenken existieren bzgl. der Kosten, u.a. für Lizenzen, Programmierung und Handhabung im Alltag. Wenn es jedoch schon heute Restaurants und Kantinen gelingt, CO2eq-Daten zu ihren Gerichten anzubieten,dann sollten Großküchen wie die Mensen das noch leichter stemmen können, da sich hier alle Kosten auf eine viel größere Anzahl von Gerichten, Standorten und Posten verteilen.
Zudem wurde bereits erreicht, dass der Studierendenrat (StuRa) der TU das Vorhaben unterstützt und von der Kommission Umwelt der TU Dresden erhielten wir ebenfalls ein gutes Echo. Aber auch von Studierenden und Gruppen anderer Dresdner Hochschulen haben wir positive Rückmeldungen für unser Vorhaben erhalten und befinden uns dazu bereits mit einigen in Austausch und Zusammenarbeit.
Weiterhin sehr erfreulichist die CO2-Bilanzierung gemeinsam mit der Mensastatistik in einer der Mensaforderungen zu Transparenz vereint und damit Teil des Mitte 2020 durch den StuRa der TU Dresden beschlossenen klimapolitischen Forderungskatalogs, der Ende 2020 von der höchsten Studierendenvertretung Sachsens, der Konferenz sächsischer Studierendenschaften, übernommen wurde. Somit ist der Katalog nun für allesächsischen Hochschulen und Unis legitimiert und wird deutschlandweit geteilt.
Was gerade passiert…
Im Moment arbeiten wir in mehreren Richtungen und betreiben v.a. Lobbyarbeit bei verschiedenen hochschulpolitischen Gremien, machen neben dem Kontakt zu unserem StuWe Öffentlichkeitsarbeit und lotenweitere Fördermöglichkeiten aus.
Eine Richtung, die uns persönlich besonders wichtig ist und der wir seit Beginn des Projekts nachgehen, ist dabei die deutschlandweite Vernetzung mit weiteren Umweltinitiativen, um mit Ihnen an ihrem Standort auf ihr Studierendenwerk zuzugehen unddie Idee voranzubringen. Denn natürlich erreichen wir am meisten, wenn mehrere StuWe eine CO2eq-Auszeichnung anstreben oder sich dabei gar zusammentun.Daher organisieren wir das Projekt mittlerweile hochschulübergreifend über die plattform n des netzwerk n.
In diesem Zug ist aus einem Vernetzungstreffen mit Leuten vom Green Office der Goethe-Uni Frankfurt gerade eine erfreuliche Dynamik entstanden:Noch im Mai wird ein großes Vernetzungstreffen mit Engagierten verschiedener Hochschulen stattfinden, um uns gemeinsam zum weiteren Vorgehen abzustimmen. Des Weiteren hat sich daraus auch über die neu entstandene AG Green Office & Nachhaltigkeitsbüros des netzwerk n die Möglichkeit ergeben, das CO2-Projekt auf der ersten Green-Office-Vernetzungskonferenz am 07.05.2021 vor allen Teilnehmenden vorzustellen und zu diskutieren.
So möchten wir gemeinsam eine breite Allianz bilden, die das Projekt in vielen Städten gleichzeitig vorantreibt und letztendlich flächendeckend umsetzt!
Was wir gerade im Kontakt mit den Studierenden anderer Hochschulen festgestellt haben: Es fehlt ein Studierendenwerk, das vorangeht und so die (prinzipielle und ökonomische) Machbarkeit beweist und den Mehrwert praktisch aufzeigt...
Ein kleiner Ausblick
… doch genau dazu haben sich kürzlich neue und schon ziemlich konkrete Möglichkeiten aufgetan! Klimateller hat Ende 2020 beim Bundesministerium für Umwelt die Finanzierung der Umsetzung einer CO2eq-Messung von Mensa-Gerichten an mehreren Studierendenwerkenin Deutschland beantragt. Auch das Studierendenwerk Dresden hat sich für einen dieser Plätze beworben – und die Aussichten für die Förderung (und für Dresden) stehen gut, wie wir vor kurzem auf einem Treffen mit Verantwortlichen von Klimateller erfuhren! Damit wären insbesondere Finanzierungsunsicherheiten weitestgehend beseitigt. Wir stehen mit Klimateller in Kontakt und besprechen, wie eine gemeinsame Zusammenarbeit unter diesen neuen und vielsprechenden Neuigkeiten aussehen kann, die den bisherigen Verlauf des Projekts sicherlich maßgeblich beeinflussen 🙂
Zudem erfuhren wir kürzlich von Eaternity, dass unsere Initiative Erfolg gezeigt hat und die tl1-Anbindung der Eaternity-Datenbank auch durch den Dachverband Deutsches Studentenwerk (DSW) diskutiert wird und damit von zentraler Stelle flächendeckend ausgerollt werden könnte.
Da geht also gerade richtig was voran und die Chancen stehen gut, dass wir schon in absehbarer Zukunft eine CO2-Kennzeichnung in ersten Mensen begrüßen können und damit ein großer Schritt in Richtung klimafreundlicher Hochschulgastronomie getan sein wird! Die konkrete Art der Umsetzung sowie das weitere Voranbringen des Projekts liegen nun mit in unseren Händen und wir bleiben dran!
Ihr seid an weiteren Infos oder an einer Mitwirkung am Projekt interessiert? Meldet Euch bei uns unter mensa[at]tuuwi.de oder Schreibt auch gern eurem Studierendenwerk. Die Mitarbeitenden freuen sich über jedes Feedback und jede Anregung. :-)