Fridays for Future | Dresden | 15.03.2019
Klimaschutz ist eine Menschheitsherausforderung (Zitat Bundeskanzlerin Sept. 2019). Gleichzeitig liefert eine ehrliche und wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahme der aktuellen und geplanten Klimaschutzmaßnahmen auf nationaler und auch auf lokaler Ebene das Ergebnis “ungenügend”. Diese Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln hat neben klassischen Interessenkonflikten u.a. strukturelle Gründe: Die einzelnen Akteur:innen (Behörden, Unternehmen, Hochschulen, …) sind in Strukturen eingebunden, die durch (scheinbare) Sachzwänge den Handlungsspielraum zum Klimaschutz stark begrenzen.
Zunehmend mehr Menschen erkennen, dass zur Gefahrenabwehr das Infragestellen struktureller Handlungslogiken und die Überschreitung von Regeln unausweichlich sind. Daraus resultieren Aktionen zivilen Ungehorsams z.B. auf Kreuzungen, in Kohlegruben oder in Hörsälen. Der Zweck dieser Aktionen ist es, die regulären Abläufe zu stören. Nicht als Selbstzweck, sondern weil der Status-Quo und die Gesamtheit der regulären Abläufe erkennbar destruktiv wirken. Es geht darum, ein angemessenes Problembewusstsein zu schaffen und auf die Beseitigung der Missstände hinzuwirken.
Das Plenum der TU-Umweltinitiative teilt diese Auffassung und hält den gewaltfreien zivilen Ungehorsam, vor dem Hintergrund von “widerstreitenden Rechtsgütern” grundsätzlich für legitim. Dass Lehrveranstaltungen ausfallen oder verlegt werden müssen ist zweifellos ärgerlich für alle Betroffenen. Ein Verstoß gegen das Hausrecht ebenfalls. Andererseits ist ein Verhalten, dass die Lebensgrundlagen großer Teile der Menschheit bedroht, weit mehr als nur ärgerlich. Ein realistischer Weg, die Probleme zu lösen, ohne Ärger zu verursachen, ist nicht ersichtlich.
Seit mehr als drei Jahrzehnten setzt sich die TUUWI für eine nachhaltige Universität ein. Trotz wichtiger erreichter und geplanter Detail-Fortschritte ist die Universität insgesamt Teil der aus Klimaschutzsicht problematischen “Weiter-So”-Strukturen. Unbequeme Proteste können als Ausdruck einer lebendigen Demokratie zum Anlass genommen werden, offen und ehrlich den eigenen Anspruch zu hinterfragen – auf allen Ebenen.
Dass die Bewältigung einer Menschheitsherausforderung ohne Konflikte abläuft, ist nicht zu erwarten. Es obliegt stets der Verantwortung aller Beteiligten die entstehenden Konflikte gewaltfrei und unter Achtung der Menschenwürde zu lösen. Der Anspruch einer Exzellenzuniversität sollte es zudem sein, in einer objektiven Gesamtbilanz nicht einen Teil des Problems, sondern einen Teil der Lösung darzustellen.
Ende Gelände | Tagebau Vereinigtes Schleenhain | 30.11.2019 | Copyright: Tim Wagner
Dieser Text spiegelt die Meinungen des tuuwi-Plenums wider und wurde im Kontext der Klima-Aktionswoche Ende November 2019 verfasst, in welcher der größte Hörsaal der TUD, das Audimax, zeitweise durch #HSZfuersKlima besetzt wurde. Weiterhin fand in vielen deutschen Städten der 4. Globale Klimastreik von Fridays for Future statt und es gab am 30.11. gleich zwei Ende-Gelände-Aktionen (in der Lausitz und im Leipziger Land), die von einer durch FFF und BUND organisierten Demo am Kraftwerk Jänschwalde unterstützt wurden. Wenige Wochen vorher protestierte die Gruppe Extinction Rebellion mit der Blockade von Straßenkreuzungen in Berlin gegen die völlig unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen.