Wohnen in Dresden wird teuer und politisch- Wir fragen nach

Der große Teil aller Dresdner Studierenden wohnt auch in der Landeshauptstadt. Viele kommen in Wohnungen und Wohngemeinschaften des Studentenwerkes unter. Auf diese Weise müssen sich Studierende noch nicht mit den realen Wonungsmarktpreisen herumschlagen. Spätestens mit dem Ende der Studienzeit ist diese Schonfrist jedoch vorbei und man muss je nach Lage mal mehr mal weniger Geld für Wohnraum ausgeben. In letzter Zeit wurden bundesweit Proteste laut, da besonders in den großen Städten Mieten immer weiter steigen – ohne eine Anpassung der Löhne. Alter Wohnraum wird teils kostenintensiv renoviert oder neue Wohnungen sehr teuer gebaut und vermietet. Bevölkerungsteile mit einem kleineren Geldbeutel werden so aus attraktiven, zentraleren Wohnlagen an den Stadtrand verdrängt.

Diese Problematik wird unter dem Titel “Wohnungsmarktentwicklung und Gentrifizierung am Beispiel Dresden” am 29.04. in der Umweltringvorlesung Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt. behandelt. Wir haben uns im Vorfeld mit Hannes vom Bündnis Dresdens Mietwahnsinn stoppen getroffen und eine Meinung zur Wohnungsmarktsituation in der Landeshauptstadt eingeholt.

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Was bedeutet für dich Gentrifizierung?
Gentrifizierung ist ein Prozess den Viertel und Kieze durchlaufen. Es handelt sich um ursprünglich günstigen Wohnraum in einer heruntergekommenen Gegend, in der sich zum Beispiel Kulturschaffende ansiedeln. Leute, die den Wohnraum attraktiv finden und ihn weiter aufwerten wollen, investieren entsprechend, wodurch der Wohnraum noch attraktiver wird und die Mieten steigen. Die ursprünglich im Viertel lebenden Menschen werden durch die erhöhten Mieten schließlich heraus gedrängt.

Was sind die Hauptforderungen eures Bündnisses für Dresden?
Unsere Forderungen sind weniger konkret politisch, sondern eher allgemein: Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht. Menschen dürfen nicht durch Profitorientierung aus ihrer ursprünglichen Lebensumgebung verdrängt werden.

Wie der Titel schon sagt, beschäftigt sich unsere Vorlesung explizit mit Dresden. Wie würdest du die aktuelle Wohnungsmarktsituation hier in der Landeshauptstadt beschreiben?
Die Stadt gibt dazu alle vier Jahre einen Wohnungsmarktbericht heraus, zuletzt 2018. Der kann online eingesehen werden. Der Leerstand beispielsweise ist nicht sehr hoch, momentan 6 Prozent, davon ein großer Teil Fluktuationsleerstand. Das heißt, wenn Leute aus einer Wohnung in eine andere umziehen, steht die alte Wohnung meist kurze Zeit leer, bevor sie neu vermietet wird. Der tatsächliche Leerstand ist also sehr gering.
Zusätzlich steigen die Mietpreise rapide, Grundstückspreise noch stärker. Und das hängt natürlich zusammen. Wenn Investor*innen Grundstücke kaufen müssen sie die Preise refinanzieren. Das spiegelt sich in den späteren Mietpreisen wieder, da die Investor*innen ihren Einsatz schnell wieder zurückbekommen wollen. Es wird auch viel spekuliert. Insgesamt ist die Situation schon angespannt, wenn auch nicht so stark wie in anderen deutschen Städten. Auf der Demonstration am 6. April hat man aber gemerkt, dass Bedarf da ist um über die Situation zu reden, besonders bei älteren Menschen. Es gibt viele Menschen, die gemerkt haben, dass die Mieten deutlich schneller steigen als ihre Löhne und sie perspektivisch dadurch Probleme bekommen.

Was kann die Stadt Dresden und was können wir als Einwohner*innen für eine gerechtere Wohnsituation tun?
Die wichtigen wohnungspolitischen Entscheidungen fallen tatsächlich nicht auf kommunaler, sondern auf Landes- und Bundesebene. Hier muss noch viel passieren. Die Stadt hat nur ein paar Möglichkeiten. Ein Werkzeug ist das Milieuschutzgebiet. Wollen Investor*innen in diesen Gebieten Wohnraum modernisieren, müssen sie vorher eine Genehmigung der Stadt einholen. Letztere hat in diesen Fällen auch ein Vorkaufsrecht. Ein weiteres Werkzeug ist kommunaler Wohnungsbestand. Damit kann die Stadt anders wirtschaften als ein gewinninteressiertes Unternehmen. Handeln müssen letztlich die Politiker*innen. Wir als Initiative wollen für entsprechenden politischen Druck sorgen. Erst dann passiert etwas. Den erzeugt man zum Beispiel durch Demonstrationen oder Organisation in Initiativen wie bei uns, die Vernetzung der Betroffenen untereinander.

Möchtest du unseren Studierenden noch etwas mitgeben?
Wenn Leute Unterstützung bei der Organisation und Vernetzung brauchen, helfen wir als Initiative ihnen. Wir treffen uns alle zwei Wochen als offener “Stammtisch Recht auf Stadt”. Bei Interesse kann man uns auch gern kontaktieren.

Ihr wollt mehr wissen zum Thema Wohnen in Dresden? Dann kommt zur Vorlesung am 29.04.!

WAS WANN WO?
Umweltringvorlesung Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt.
Wohnungsmarktentwicklung und Gentrifizierung am Beispiel Dresden mit Dr. Jan Glatter (Stadtplanungsamt Dresden)
29.04.19
16:40-18:10
HSZ 403

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Interview und Text: Theresa Zakrzewski
Bild: Dresdens Mietwahnsinn stoppen