Das neuartige Phänomen der Pyroplastiksteine

Von Anja Tappert

Vom 20.11. bis 28.11. findet die Europäische Woche der Abfallvermeidung statt. Es steht dieses Jahr unter dem Motto “Unsichtbarer Müll”. Einige Tuuwis haben sich mit dem Thema Abfall weitergehend beschäftigt und teilen ihre Gedanken in unserem Blog. Anja hat sich mit Pyroplastik beschäftigt. Hier könnt ihr das Kommentar von Hanna lesen.

Ein Forscherteam der Universität Plymouth sammelte 2019 an einem Strand in Cornwall mehr als 150 Steine unterschiedlichster Form, um daran zu forschen. Dr. Andrew Turner hat ein Hauptaugenmerk darauf seit November 2018, nachdem er von Umweltschützer:innen darauf aufmerksam gemacht wurde, mehrere Exemplare davon zugeschickt bekommen hat und es einen Aufruf auf Social Media gab.
Den Umweltschützer:innen, die regelmäßig die touristisch beliebten Strände Cornwalls nach Strandgut absuchen, fielen kleine Steine ins Auge, die merkwürdigerweise leicht genug waren, um auf der Wasseroberfläche zu schwimmen.
Doch der gute Mann ist kein Geologe, sondern Umweltwissenschatler und die Steine sind keine langweiligen Klumpen, sondern getarnte Polymere.

Wie?

Hierbei handelt es sich um sogenanntes Pyroplastik, was entsteht, wenn Kunststoff erhitzt wird und schmilzt, deshalb auch der Name. Das kann nicht nur in der Fabrik passieren, um z.B. Plastik in eine bestimmte Form zu gießen, sondern auch in der Natur. Allerdings hier fast ausschließlich durch Menschen verantwortet, wenn z.B. Plastik ins Lagerfeuer geworfen oder auf Schiffen verbrannt wird.
Danach gelangen die geschmolzenen Plastikklumpen als Müll ins Meer, wo sie erst auf der Oberfläche schwimmen. Durch Umwelteinflüsse wie Wind und Wasser tritt dann aber eine normale Verwitterung genauso wie bei Gestein ein – solange bis sie auch genauso aussehen.

Den Hauptteil Ihres Fundes erbeutete das Forscherteam zwar an der südwestlichen Küste von England, an Schottlands und Irlands Küsten, aber Kolleg:innen sendeten Turner sogar Vorkommen vom spanischen Atlantik und der kanadisch-pazifischen Westküste z.B. vor Vancouver zu – mitunter selbst von Orten, an denen man natürlicherweise gar kein Gestein erwartet hätte.
Daraus folgern sie, dass die Pseudo-Steine kein regionales Problem darstellen, sondern auf “unsichtbare” Art und Weise weltweit vorkommen, ohne dass es auffällt und dokumentiert wird, weil sie Steinen zum Verwechseln ähnlich sehen, denn während Plastikmüll normalerweise leicht identifizierbar ist, scheint es nun eine bisher völlig unbekannte Form von Plastikabfall zu geben, der ungestört in die Meere gelangen konnte.
Laut dem Team ist die Quelle wahrscheinlich der Ärmelkanal oder die Karibik, aus der die Steine angeschwemmt wurden.

Die Forschergruppe sichtete zunächst Steine aus Cornwall und 30 weitere Plastikkiesel aus Schottland, Irland und Spanien. Im Labor kam dann heraus, dass die Steine v.a. aus Polyethylen oder Polypropylen oder einer Kombi aus beidem bestanden. Das sind die weltweit am häufigsten verarbeiteten Kunststoffen. Polyethylen kommt in erster Linie in Verpackungen vor. Die “Feuersteine” sind also ohne Zweifel menschgemachte Abfälle.
Allerdings waren auch Spuren von Blei und Chrom enthalten. Das dürften Reste von giftigem Bleichromat sein, das vor Jahrzehnten dem Plastik zugesetzt wurde, um leuchtende Farben zu erzeugen. Dies ist aber zumindest in den Industrieländern schon lange nicht mehr erlaubt, deshalb ist ihr trotzdemiges Vorhandensein ein Indiz für eine weit zurück reichende (illegale) Verschmutzung der Meere und Umwelt.
Einige Steine waren bereits über 10 Jahre alt.

Und natürlich ist die Verwitterung ein fortlaufender Prozess; die Steine lösen sich also in immer feinere Partikel auf(im Vergleich zu geologischen Zeiträumen in kurzer Zeit) –Mikroplastik entsteht, das seinen weiteren Weg antritt durch den Körper von Meereslebewesen und später auch durch den von Menschen, zusammen mit seinen Zusatzaromen von Schwermetallen.

Quelle:

Turner et al.: Science of the Total Environment 694 (2019) 133610