Montag und Mittwoch fanden die letzten Veranstaltungen unserer beiden Umweltringvorlesungen für dieses Jahr statt. Während der Uni-Ferien machen auch wir eine Pause und nutzen die Gelegenheit, euch vorher noch von unseren aktuellen Veranstaltungen diese Woche zu berichten.
Am 17.12. stellte in der Umweltringvorlesung (UM)WELTBILDER das Konzeptwerk Neue Ökonomie aus Leipzig seine Arbeit vor. Das Konzeptwerk sieht die momentan herrschende Wirtschschaftsform als ein Werkzeug, welches Ungleichheit, Armut und Ausgrenzung hervorbringt und mit der Schädigung von Umwelt und Natur zusätzlich unsere Lebensgrundlage angreift. Der Verein strebt jedoch an, durch Wirtschaft allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Darum muss eine neue Wirtschaftsform her. Um dieses Ziel in die Tat umzusetzen, verwirklicht das Konzeptwerk Projekte, arbeitet mit sozialen Bewegungen zusammen, betreibt Bildungsarbeit und berät Interessierte zu alternativen Wirtschaftsformen.1
In der Vorlesung stellten nun zwei Mitglieder des Vereins verschiedene Postwachstumsideen aus einer feministischen Perspektive vor. Postwachstumsvertreter/innen sehen im Kapitalismus die Ursache für die Ungleichverteilung von Gütern, Ressourcen und Besitz sowie die Zerstörung unserere gesellschaftlichen und ökologischen Grundlagen. Die Ausrichtungen von Postwachstumsbewegungen sind vielfältig. Vereint sind jedoch alle in dem Gedanken, dass es einer grundlegenden Veränderung des Geldsystems, der Situation in Pflege und Care* sowie der vorherrschenden Klima(un)gerechtigkeit bedarf. Dafür braucht es eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Tranformation mit konkreten politischen Maßnahmen wie einer Co2-und Vermögenssteuer, der Einführung von Grund- aber auch Maximaleinkommen.
Im weiteren Verlauf der Vorlesung wurde unter anderem näher auf die Problemstellung der feministische Ausprägung von Postwachstum eingegangen. In der mitteleuropäischen Kultur leisten in erster Linie Frauen die meist unbezahlte Reproduktionsarbeit und Care-Tätigkeit, während Männer immer einer bezahlten Erwerbsarbeit nachgehen. Die Care-Arbeit erhält derzeit viel zu wenig gesellschaftliche Anerkennung- dabei muss ein Mensch rund ein Viertel seiner Lebenszeit gepflegt werden. Abschließend wurden die großen Ziele des Konzeptwerkes formuliert: globale und ökologische Gerechtigkeit, Teilhabe für Alle und die Transformation der Gesellschaft, verbunden mit einem Verzicht auf Wachstum. Es folgte eine rege Diskussion zwischen Referentinnen und Publikum.
Am 19.12. war in der Umweltringvorlesung NOCHMAL KURZ DIE WELT RETTEN? – Nachhaltiger Alltag (II) Laura Trölenberg vom Wandelwerk Umweltpsychologie zu Gast und erklärte, wie unterschiedliche Verhaltensweisen zu unterschiedlich großen ökologischen Fusßabdrücken, also CO2-Emissionen, führen. Die wichtigsten im Vortrag vermittelte Erkenntnis betrifft “Big Points” und “Small Peanuts”. Die “Small Peanuts”, Kleinigkeiten wie das Nutzen von LEDs als sparsame Lichtquellen oder das Einsparen von Strom durch Ausschalten von nicht benötigten Lichtquellen, werden sehr gut kommuniziert, während die “Big Points”, beispielsweise der Verzicht auf Flüge oder das Beziehen von Ökostrom, verhältnismäßig unbekannt sind. Dabei bieten sie, wie der Name bereits sagt, ein weit größeres Einsparpotenzial von CO2 als die kleinen Maßnahmen.
Interessanterweise stellen gerade Studierende eine Gesellschaftsgruppe dar, die trotz ihres hohen Bidungsniveaus und eines weitern Horizontes einen überdurchschnittlich großen CO2-Ausstoß produziert, da sie später hohe Gehälter beziehen und viel reisen. Und laut Frau Trölenberg reicht es auch nicht, die Leute einfach über ihr umweltschädigendes Verhalten aufzuklären. Stattdessen wirkt hier die soziale Norm: “Wenn viele Leute das machen, sollte ich es auch machen.” Die Aussage, dass die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel gestiegen ist, macht also wesentlich mehr Eindruck als der Vorwurf, dass Autofahren zur Erhöhung des Meeresspiegels führt. Relevant ist hierbei auch die Abwägung zwischen monetären Kosten und weiterem Aufwand für eine Verhaltensänderung im Verhältnis zum gewonenen Nutzen. Insgesamt sind für eine gewünschte Verhaltensänderung immer eine positive Darstellung der betreffenden Aspekte in Verbindung mit Lösungsorientiertheit des Vorgehens von Bedeutung.
Wer also in der Weihnachtspause bei all dem Essen auch eine kleine geistige Herausforderung sucht, kann sich damit auseinandersetzen, wer in der Verwandtschaft eigentlich für die Kindererziehung zuständig ist und wo man mit dem eigenen ökölogischen Fußabdruck steht.
In der zweiten Januarwoche finden dann wieder beide Vorlesungen wie gewohnt Montags (ab 07.01.2019) und Mittwochs (ab 09.01.2019) statt. Bereits Ende Januar ist das Wintersemester dann schon wieder zuende und die Klausuren stehen an. Wer die Gelegenheit nutzen möchte, um ihr/ sein Wissen zu einigen der interessanten Themen unserer Vorlesungen zu erweitern, hat nach den Weihnachtsferien noch drei Mal die Gelegenheit.
Bis dahin wünschen wir euch ruhige und fröhliche Feiertage mit euren Lieben!
Für den fleischlichen Weihnachtsbraten gibt es übrigens auch fantastische vegetarische Varianten, zum Beispiel auf Basis von Esskastanien und Pflaumen.
*Care steht für das “sich kümmern”/ Führsorge in allen gesellschaftlichen Bereichen
Foto: Lisa Larson-Walker auf slate.com
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1Konzeptwerk Neue Ökonomie: Über uns. o.A. Online im Internet: https://konzeptwerk-neue-oekonomie.org/ueber-uns/. Stand: 21.12.2018.