Die tuuwi als ein Teil von Herz statt Hetze…

Mit Herz statt Hetze tritt die Dresdner Zivilgesellschaft zu einer großen Demo für eine offene und solidarische Gesellschaft ohne Rassismus ein. Auch wir als tuuwi wollen zeigen, dass Dresden kein Ort für rassistische, menschenverachtende Parolen, Gedanken und Taten ist. Ebenso wie unsere Rektorin Prof. Staudinger unterstützten wir die Veranstaltung um für Werte wie Internationalität, Menschenwürde und ein tolerantes Miteinander einzutreten.
Lest hier unser Rede nach…

Hinweis: Der folgende Text wurde von einigen Tuuwis verfasst und am 25. Oktober auf der Cocker-Wieser im Rahmen von Herz statt Hetze verlesen. Einige kleine Änderungen wurden vorgenommen, um den Lesefluss zu verbessern.

Ihr fragt euch jetzt vielleicht, warum wir als Umweltgruppe hier sind.
Das hat vor allem zwei Gründe. Der Klimawandel bedroht die Lebensgrundlage von uns allen. Sowohl seine Existenz als auch seine Menschengemachtheit sind wissenschaftlicher Konsens. Doch ist das insbesondere bei Pegida und Co. noch nicht angekommen. Wir beobachten in den letzten Jahren eine starke Verbindung zwischen Klimawandelleugner*innen, Wissenschaftsskepsis und extremer Rechten. So spricht Lutz Bachmann von der “Mär des Klimawandels”. Laut Beatrix von Storch ist ausschließlich die Sonne schuld am Klimawandel, dabei ist das wissenschaftlich längst widerlegt.

Nur zur Erinnerung:
Soweit unsere Daten reichen (mehrere Millionen Jahre), ist die globale Durchschnittstemperatur noch nie so schnell gestiegen wie jetzt. Was bedeutet es, wenn aus den Reihen der extremen Rechten der Klimawandel, seine anthropogenen Ursachen oder seine Folgen geleugnet werden? Eigentlich müssen wir jetzt handeln. Sofort.

Allein die Emissionen aus der bestehenden globalen Infrastruktur, sofern sie entsprechend ihrer Lebensdauer genutzt werden, übersteigen die “zulässigen” Emissionen, bis der kritische Kipppunkt zur Katastrophe überschritten wird. Aber je mehr in der Öffentlichkeit angezweifelt wird, dass der Klimawandel real ist (entgegen aller Faktenlage!), desto schwieriger wird es, Mehrheiten für zwingend notwendige Maßnahmen zu erreichen. Damit bedrohen sie unser aller Zukunft. In der nationalen, aber vor allem auch internationalen Politik lässt sich der Einfluss der Klimawandelleugner beobachten, sei es in Australien, den USA, Brasilien oder oder.

Je wärmer es wird, desto schwerer lässt sich der Prozess noch aufhalten oder abmildern. Je wärmer es wird, desto unerträglicher werden die Sommer, desto trockener die Böden, desto knapper das Wasser. Nicht nur bei uns, sondern global. Gerade im Süden spüren die Menschen die Folgen des Klimawandels schon jetzt deutlicher als wir. Wozu führt das? Zu einem erhöhten Fluchtdruck auf die dort lebenden. Zudem ist es widersprüchlich, dass diejenigen den Klimawandel leugnen, die sich mit einer abartigen Vehemenz gegen Flüchtlinge einsetzen. Flüchtlinge, die nicht zuletzt durch Folgen unseres Lebensstils zur Flucht gezwungen sind. Dann mit lebensbedrohlichen Hürden auf dem Weg in Sicherheit konfrontiert sind. Hürden, für die wir verantwortlich sind. Schlussendlich wird nur ein winziger Teil dauerhaft bei uns Schutz und eine neue Heimat finden. Die über 2 Jahrzehnte betriebene  Abschottungspolitik geschieht in voller Kenntnis der tödlichen Folgen. 

Umso perverser ist es, wenn von Pegida und AfD über Boris Palmer bis Sahra Wagenknecht der Narrativ des “Wir könne nicht allen helfen” bedient wird. Und dabei komplett ignoriert, dass wir einen großen Teil dazu beitragen, dass dort überhaupt Elend herrscht. Rassismus wird der geschichtlichen Erfahrung nach mit der fortschreitenden  Ausbeutung endlicher Ressourcen nicht abnehmen, sondern zunehmen. Der gewaltsam angeeignete gesellschaftliche Reichtum erzeugt Beraubungsängste – bei den Besitzenden. Das Schreckensbild von Mio. Klimaflüchtlingen trägt zur Legitimation fernbleibender Empathie bei. Der Empathieentzug der vergangenen Jahre ist typisch für die Vorbereitung von Makrogewalt. Dass sich Teile der Gesellschaft pathologisch ruhig verhalten,  wenn massenhaft Menschen ertrinken, lässt sich mit der Besitzstandswahrung erklären.

Tuuwis auf der Cocker-Wiese bei beim Klimablock von HsH

Die drohende Gefahr, das 2°C-Ziel nicht zu erreichen, würde zum sicheren Absterben von über 90% der Korallenriffe führen, ebenso zum Auftreten von neun Dürrejahren in einem Zeitraum einer Dekade und zur Reduktion der Insektenbiomasse um 60-70% in den Tropen. Städte im globalen Süden werden durch tödliche Hitzewellen mit gefühlten 70°C geflutet. Flüsse und Seen bekommen steigende Verdunstungsraten, Verlandung und Versalzung. Es stellt sich nach gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht mehr die Frage, wie 10 Millionen Menschen ernährt, sondern wie sie zudem noch evakuiert und umgesiedelt werden können aus überschwemmten und sich erwärmenden Städten, tauenden Permafrostböden und wachsenden Wüsten.
(Dabei sind die 2°C tatsächlich nur ein grober Wert,
wenn die Vorhersagen also einen Anstieg um 2°C prognostizieren, nennen sie lediglich eine Zahl, hinsichtlich derer sie sehr sicher sind. Der Anstieg wird also min. 2°C betragen, tatsächlich könnte der Wert aber viel höher sein.

Es gibt viele Argumente aus der Szene der Klimawandelleugner, die alle widerlegt wurden, aber weiterhin Zweifel in der Bevölkerung schüren und somit ein entschiedenes Vorgehen beim Kampf gegen die Klimakrise ausbremsen:
  1. “Die Wissenschaft sei sich nicht einig.”
    Ein Großteil der Wissenschaft (z.B der Weltklimarat,welcher seit den 80ern Position bezog) stellt sich hinter die Aussage, dass der Klimawandel menschgemacht sei! Die wenigen Stimmen, die sich gegen einen menschlichen Einfluss aussprechen, kommen oftmals aus fachfremden Wissenschaftsdisziplinen und werden dann dennoch als “Experte” angehört.
     
  2. “Die Sonnenaktivität sei eine habe große Auswirkungen auf das derzeitige Klima.”
    Ja, die Aktivität der Sonne schwankt, aber mit einer Periode von elf Jahren.  Vergleicht man die die Schwankungen des sogenannten Sonnenfleckenzyklus’ mit der globalen Durchschnittstemperatur, ist kein Zusammenhang erkennbar!
     
  3. “Deutschlands Beteiligung ist witzlos am Klimawandel, daher brauchen wir auch nichts unternehmen.”
    Wenn wir uns den CO2-Ausstoß der letzten 100 Jahre ansehen und nicht nur den Blick auf ein einzelnes Jahr im 21. Jahrhundert werfen. Wird deutlich das Deutschland CO2-Ausstoß zwischen 1918 und 2012 etwa 5,5% des Gesamtausstoßes ausmacht. Die deutsche Bevölkerung hat darüber hinaus eine der höchsten Pro-Kopf-Emmsionen bezüglich des Gases CO2 weltweit. Und wird Verantwortung weniger, nur weil man einen geringeren Anteil hat? Und sind wir nicht auch an das Pariser Abkommen gebunden, durch welches Deutschland sich bereit erklärt hat, eine strenge Klimaschutzpolitik umzusetzen? Sollten wir nicht mit gutem Beispiel vorangehen? 
  4. “Die sogenannten Entwicklungsländer, das Bevölkerungswachstum und “dreckige” Energien in anderen Ländern wären viel schlimmer.”
    Vergleicht man jetzt aber die CO2-Emissionen pro Kopf von Deutschland zum Beispiel mit denen In Tansania, so verursacht eine Person in Deutschland 34 mal so viel CO2. Also bevor mit irgendeinem Bevölkerungswachstum oder was auch immer argumentiert wird, sollten wir erst mal unsere Hausaufgaben machen.  Deutschland hat selbst innerhalb Europas seine “Vorreiterrolle” im Kampf gegen den Klimawandel längst eingeräumt.

Weil das gegenwärtige Wirtschaftssystem aber nicht in der Lage ist, eine langfristig tragfähige Produktion für die allseitige und gerechte Versorgung herzustellen, erzeugt das Wissen um den Klimawandel Angst. Angst, deren Abwehr sich gegen jene wenden kann, die am stärksten unter dem Klimawandel leiden und dadurch an ihn erinnern. Über 90% der „klimaskeptischen“ Nachrichten stammen aus neurechten Medien. Wenn die Leugnung scheitert, werden dann oft darwinistische Legitimationstechniken aktiv, die aktuelle aggressive Abschottungstechniken mit meist vehement abgelehnten künftigen Fluchtbewegungen erlauben oder Schuld auf die Opfer projizieren. Aus Problemen des westlichen Ressourcenverbrauchs und des CO2-Ausstoßes wird dann eins des Bevölkerungswachstums.

Ist die Ungleichheit einmal hergestellt, setzt sie sich trotz gleicher Rechte fort, weil die Trennung von Produktionsmitteln dazu führt, dass Menschen eine Arbeit zu jeglichen Bedingungen annehmen und durch Hunger und Gewaltmonopol dazu diszipliniert werden. 

Die zweite große Strategie der neuen Rechten ist, eigene Schuld auf die Geflüchteten zu projizieren. Während Europäer*innen mit ihrer Technologie Impfungen und Nahrung in die Welt tragen würden, würden Schwarze nur destruktive Diktaturen hervorbringen und seien demnach selbst schuld an Armut und Korruption. Der zentrale Vorwurf insbesondere an die afrikanischen Gesellschaften ist aber deren Bevölkerungswachstum. Tatsächlich gibt es dort ein Bevölkerungswachstum, das von religiösen Bewegungen und Kindern als einzige Altersvorsorge gefördert wird. Das führt insbesondere in Nigeria zu massiver Entwaldung und Müllproblemen. Wie eine Verdoppelung in 30 Jahren verwaltet werden kann, ist ungelöst. Deshalb sehen auch die afrikanischen Staaten diese Entwicklung kritisch. Dennoch sind weite Teile des Kontinents im Vergleich zu Europa sehr dünn besiedelt und das Bevölkerungswachstum in Flächenstaaten wie Angola, Tschad, Sambia oder Botswana stellt vorerst keine Bedrohung von Existenzgrundlagen dar. Die Hauptfaktoren für die Degradierung sind jedoch der Verkauf von Land an China und Saudi-Arabien, Wilderei, die Fischpiraterie durch China und die EU, Baumwolle, Blumen, Kaffee, Kakao, Edelholz, Gold, Diamanten und Mineralien. Und der Klimawandel.

Das Anwachsen der schwarzen Bevölkerung in den USA nährte die Ängste der Weißen vor einer Revolution. Diese Ängste und die eigenen Schuldgefühle glichen sie mit nackter Gewalt und einer Ideologie der „rassischen Überlegenheit“ aus.

Eine demokratische Entwicklung vorausgesetzt, würde ein gerechter Zugang Aller zu Produktionsmitteln entweder eine schnelle Verbrauch der verbleibenden Ressourcen bedeuten oder aber eine Umverteilung von in Industriestaaten akkumuliertem Reichtum und dadurch Senkung von Lebensstandards der dortigen Mittel- und Oberschicht bedeuten. 

Wie sagte das Känguru so schön:

Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schon ärgern.

Vielen Dank!

 

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