Frei sein. Frei zu tun und zu lassen was man will, zu gehen wohin man will, wie ein Vogel. Frei von allen Zwängen. Wer möchte das nicht? Doch wie schafft man sich ein freies, selbstbestimmtes Leben, das alle Möglichkeiten bereit hält?
Tobi Rosswog, Initiator des Projekt- und Aktionsnetzwerkes living utopia, hat davon eine genaue Vorstellung. Zwei Jahre lang hat er geldfrei gelebt und gibt sein Wissen und seine Erfahrungen seitdem an Unternehmen, Vereine und alle Interessierten weiter. Am 18. Juni war er als Referent unserer Umweltringvorlesung zu Gast in Dresden und gab den Studierenden eine Einführung zum Thema „Geldfreieres Leben. Wege in ein neues Miteinander“.
Nach Tobias Meinung haben wir alle die Möglichkeit, etwas weniger auf das Zahlungsmittel Geld angewiesen zu sein und dadurch freier zu werden. Dafür müssen wir die Grundgedanken unserer Gesellschaft überdenken. Denn geldfreier zu leben bedeutet beispielsweise auch, nicht mehr nach Stundenlohn arbeiten zu gehen, sondern das Arbeitspensum daran anzupassen, was jede*r Einzelne leisten will und kann.
Geld durchzieht unser gesamtes Leben- mit Geld zahlen wir unsere Miete, kaufen wir unsere Lebensmittel und genießen wir Kultur. Ohne Geld keine neuen Kleidungsstücke, keine Fahrt mit dem Bus und kein Internet auf dem Handy. Spätestens seit der Entwicklung des Kapitalismus im Italien des 14. Jahrhunderts ist es zu einem essentiellen Bestandteil der meisten Gesellschaften auf diesem Planeten aufgestiegen, unterwirft uns seinen Zwängen, schenkt uns aber auch Freiheit.
Wer viel Geld besitzt hat ein unbesorgtes Leben und ihr oder ihm steht alles offen, oder? Das ist leider nur eine scheinbare Freiheit. Denn aus dem Privileg des Geldbesitzes wächst Verantwortung. Mit starker Finanzkraft kann in dieser Welt viel bewegt werden- zum Guten und Schlechten. Nur leider kommen die allermeisten wohlhabenden Menschen dieser Forderung nicht nach. Das meiste Geld fließt noch immer in Wirtschaftswachstum und dieses hat oft sehr umweltschädliche Gründe, z.B. Kriege und hohen und unreflektierten Konsum.
Wie extrem sich die Verhältnisse zwischen Besitz und Nicht-Besitz gestalten, demonstriert Tobi an diesem Beispiel: Die acht reichsten Männer der Welt besitzen so viel Geld wie 3,5 Milliarden Menschen. Das entspricht der Hälft der Erdbevölkerung. Die Ursache hierfür und das Hauptproblem des Geldes sieht unser Referent in der im Geld implementierten Tauschlogik: eine Leistung fordert immer eine gleichwertige Gegenleistung. Wer diese nicht erbringen kann, wird vom System ausgeschlossen. Und so verursacht das Geldsystem nicht nur eine ökologische, sondern auch eine soziale Krise.
Einen Ansatz um diese Krisen zu überwinden beschreibt Friederike Habermann in ihrem Buch “Ecommony”. Grundlegend hierfür ist, weniger Eigentum und mehr Besitz zu schaffen. Eigentum bezeichnet die rechtliche Beziehung zu etwas. Besitz hingegen beschreibt die soziale Beziehung. Wenn ich einen Stuhl besitze, kann ich auf ihm sitzen. Gehe ich weg kann jemand anderes kommen, den Stuhl benutzen und ihn so besitzen. Als Eigentümer/in des Stuhls kann man über den Stuhl bestimmen, verbieten darauf zu sitzen oder es nur gegen Gebühr erlauben. Mehr Besitz bedeutet also gemeinsame Güter- Commons, für die niemand bezahlen muss, weil sie allen gehören. Auf diese Weise herrscht mehr soziale Gerechtigkeit durch den gleichwertigen Zugang zu Ressourcen und Konsumgüter müssen seltener hergestellt werden, weil mehre Gruppen sich deren Nutzung teilen. Über sinnvolle Kommunikation können zusätzlich Arrangements geschlossen werden um, wenn nötig, längerfristigen Besitz zu regeln. Also überlegt beim nächsten Mal zweimal, ob ihr euch die Bohrmaschine, die ihr für 3 Löcher im Jahr braucht, wirklich selbst kauft. Sicher teilt auch gern jemand aus der Nachbarschaft die ihre/seine mit euch.
Noch zwei Mal habt ihr die Gelegenheit, euch zu interessanten Themen der Wirtschaftsethik und Wirtschaftsalternativen zu informieren. Wenn ihr Lust habt, schaut hier vorbei:
URV Kapital is muss!? Wirtschaftsethik und -alternativen
Mittwochs, 16:40-18:10 Uhr
POT 112
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Bild und Text: Theresa Zakrzewski