Wohnen in Dresden wird teuer und politisch- Wir fragen nach

Der große Teil aller Dresdner Studierenden wohnt auch in der Landeshauptstadt. Viele kommen in Wohnungen und Wohngemeinschaften des Studentenwerkes unter. Auf diese Weise müssen sich Studierende noch nicht mit den realen Wonungsmarktpreisen herumschlagen. Spätestens mit dem Ende der Studienzeit ist diese Schonfrist jedoch vorbei und man muss je nach Lage mal mehr mal weniger Geld für Wohnraum ausgeben. In letzter Zeit wurden bundesweit Proteste laut, da besonders in den großen Städten Mieten immer weiter steigen – ohne eine Anpassung der Löhne. Alter Wohnraum wird teils kostenintensiv renoviert oder neue Wohnungen sehr teuer gebaut und vermietet. Bevölkerungsteile mit einem kleineren Geldbeutel werden so aus attraktiven, zentraleren Wohnlagen an den Stadtrand verdrängt.

Diese Problematik wird unter dem Titel “Wohnungsmarktentwicklung und Gentrifizierung am Beispiel Dresden” am 29.04. in der Umweltringvorlesung Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt. behandelt. Wir haben uns im Vorfeld mit Hannes vom Bündnis Dresdens Mietwahnsinn stoppen getroffen und eine Meinung zur Wohnungsmarktsituation in der Landeshauptstadt eingeholt.

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Was bedeutet für dich Gentrifizierung?
Gentrifizierung ist ein Prozess den Viertel und Kieze durchlaufen. Es handelt sich um ursprünglich günstigen Wohnraum in einer heruntergekommenen Gegend, in der sich zum Beispiel Kulturschaffende ansiedeln. Leute, die den Wohnraum attraktiv finden und ihn weiter aufwerten wollen, investieren entsprechend, wodurch der Wohnraum noch attraktiver wird und die Mieten steigen. Die ursprünglich im Viertel lebenden Menschen werden durch die erhöhten Mieten schließlich heraus gedrängt.

Was sind die Hauptforderungen eures Bündnisses für Dresden?
Unsere Forderungen sind weniger konkret politisch, sondern eher allgemein: Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht. Menschen dürfen nicht durch Profitorientierung aus ihrer ursprünglichen Lebensumgebung verdrängt werden.

Wie der Titel schon sagt, beschäftigt sich unsere Vorlesung explizit mit Dresden. Wie würdest du die aktuelle Wohnungsmarktsituation hier in der Landeshauptstadt beschreiben?
Die Stadt gibt dazu alle vier Jahre einen Wohnungsmarktbericht heraus, zuletzt 2018. Der kann online eingesehen werden. Der Leerstand beispielsweise ist nicht sehr hoch, momentan 6 Prozent, davon ein großer Teil Fluktuationsleerstand. Das heißt, wenn Leute aus einer Wohnung in eine andere umziehen, steht die alte Wohnung meist kurze Zeit leer, bevor sie neu vermietet wird. Der tatsächliche Leerstand ist also sehr gering.
Zusätzlich steigen die Mietpreise rapide, Grundstückspreise noch stärker. Und das hängt natürlich zusammen. Wenn Investor*innen Grundstücke kaufen müssen sie die Preise refinanzieren. Das spiegelt sich in den späteren Mietpreisen wieder, da die Investor*innen ihren Einsatz schnell wieder zurückbekommen wollen. Es wird auch viel spekuliert. Insgesamt ist die Situation schon angespannt, wenn auch nicht so stark wie in anderen deutschen Städten. Auf der Demonstration am 6. April hat man aber gemerkt, dass Bedarf da ist um über die Situation zu reden, besonders bei älteren Menschen. Es gibt viele Menschen, die gemerkt haben, dass die Mieten deutlich schneller steigen als ihre Löhne und sie perspektivisch dadurch Probleme bekommen.

Was kann die Stadt Dresden und was können wir als Einwohner*innen für eine gerechtere Wohnsituation tun?
Die wichtigen wohnungspolitischen Entscheidungen fallen tatsächlich nicht auf kommunaler, sondern auf Landes- und Bundesebene. Hier muss noch viel passieren. Die Stadt hat nur ein paar Möglichkeiten. Ein Werkzeug ist das Milieuschutzgebiet. Wollen Investor*innen in diesen Gebieten Wohnraum modernisieren, müssen sie vorher eine Genehmigung der Stadt einholen. Letztere hat in diesen Fällen auch ein Vorkaufsrecht. Ein weiteres Werkzeug ist kommunaler Wohnungsbestand. Damit kann die Stadt anders wirtschaften als ein gewinninteressiertes Unternehmen. Handeln müssen letztlich die Politiker*innen. Wir als Initiative wollen für entsprechenden politischen Druck sorgen. Erst dann passiert etwas. Den erzeugt man zum Beispiel durch Demonstrationen oder Organisation in Initiativen wie bei uns, die Vernetzung der Betroffenen untereinander.

Möchtest du unseren Studierenden noch etwas mitgeben?
Wenn Leute Unterstützung bei der Organisation und Vernetzung brauchen, helfen wir als Initiative ihnen. Wir treffen uns alle zwei Wochen als offener “Stammtisch Recht auf Stadt”. Bei Interesse kann man uns auch gern kontaktieren.

Ihr wollt mehr wissen zum Thema Wohnen in Dresden? Dann kommt zur Vorlesung am 29.04.!

WAS WANN WO?
Umweltringvorlesung Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt.
Wohnungsmarktentwicklung und Gentrifizierung am Beispiel Dresden mit Dr. Jan Glatter (Stadtplanungsamt Dresden)
29.04.19
16:40-18:10
HSZ 403

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Interview und Text: Theresa Zakrzewski
Bild: Dresdens Mietwahnsinn stoppen

Die moderne Stadt als Rührei

STADT. Das ist das Gegenteil von Land. Es gibt Klein-, Mittel-, Großstädte. Sie entstehen meist an größeren Kreuzungspunkten, werden von den verschiedensten Akteur*innen geprägt und bringen ab einer bestimmten Größe den Fluch und Segen der Anonymität mit sich. So oder ähnlich, aber auch ganz anders kann man eine Stadt beschreiben. Denn Städte sind unheimlich vielfältig und im ständigen Wandel begriffen, was ihre bewusste Beeinflussung zu einer anspruchvollen Aufgabe macht. Und damit steckt man auch schon mitten in der Problematik des Städtebaus, dem Thema der letzten Umweltringvorlesung “Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt” am 15.04.

Unter dem Titel “Von der Polis zur Metropolis und regionalen Agglomerationsräumen” führte Frau Prof. Angela Mensing-de Jong, Inhaberin der Professur für Städtebau an der TU Dresden, die Anwesenden in das komplexe Gebilde Stadt ein, gab einen Überblick zu Faktoren, die das Stadtleben bestimmen und zeigte Herausforderungen des heutigen Städtebaus auf. Eine grafisch sehr ansprechende Variante, um darzustellen welche Metamorphose Städte im Laufe der Zeit durchliefen, entwicklelte der Architekt Cedric Price (1934- 2003). Danach hatten Städte der Antike noch eine klar geordnete Struktur mit einem Zentrum und einer harten Außengrenze. Mit der Zeit schwommen die Strukturen immer mehr und gingen ineinander über, sodass man im Zustand des Rühreis- der heutigen, modernen Stadt- schließlich nicht mehr erkennt, wo sich das Zentrum und wo die Randgebiete befinden.

Vom gekochten Ei über das Spiegelei zum Rührei. So beschreibt der Architekt Cedric Price die Veränderungen in der Entwicklung von Städten über die Jahrunderte hinweg.

Städte lassen sich über verschiedene Parameter analysieren. Die Lage, Historie, Struktur, Funktion und Gesellschaft einer Stadt sind immer anders und zeichen gemeinsam ein ausführliches und einzigartiges Bild. So sagen die Lage und die topografischen Gegebenheiten etwas über die Ursprünge einer Stadt aus. Dresden entstand beispielsweise an einer leicht passierbaren Stelle der Elbe. Die Geschichte lässt sich anhand von Schichten und Fragmenten früherer Zivilisationen untersuchen, während man für die Struktur Haustypologien, Zonierungen oder die natürlichen Grenzen einer Stadt heranzieht. Auch die (ursprüngliche) Funktion lässt sich untersuchen, anhand der Gestaltung von Quartieren .

Durch die zahlreichen Betrachtungsmöglichkeiten, welche Frau Mensing-de Jong dem Publikum vorstellte, erhielt man einen guten Eindruck davon, wie komplex und vielschichtig menschliche Siedlungen aufgebaut sind. Zwei einschneidende Ereignisse in der jüngeren Geschichte der Stadtentwicklung stellen die Industrialisierung und der zweiten Weltkrieg dar. Durch beide gingen bisher vorhandene Strukturen oft zu großen Teilen verloren und wurden durch neue ersetzt. Und auch in der heutigen Zeit sind wieder neue Lösungen für die aktuellen Herausforderungen gefragt. Deutsche Städtebauer*innen sehen sich durch den demografischen Wandel und das anhaltende Wachstum von Metropolregionen gleichzeitg mit Expansion und Rückbau in den Städten konfrontiert. Nachhaltigkeit als Gestaltungungsfaktor und damit die Frage nach einem Strukturwandel weg vom Auto rücken zunehmend in den Vordergrund. Neue Arbeits-, Wohn- und Mobilitätsformen, zunehmende Warenströme und Digitalisierung müssen berücksichtigt werden.

Die Stadt ist ein Abbild der Zeit und Ausdruck der in ihr lebenden Gesellschaft. Es liegt also an uns, sie lebenswert zu gestalten und den Zukunfts(t)raum zur Realität zu machen.

Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt
Jeden Montag
16:40 bis 18:10
HSZ 403

Nächstes Thema: 25.04. Exkursion- Tiere in der Stadt mit Harald Wolf (Landeshauptstadt Dresden, Mitarbeiter für Artenschutz Untere Naturschutzbehörde)

Text: Theresa Zakrzewski
Bild: ddpix.de

Stadtentwicklung kritisch betrachten- Wie das geht und warum es für unsere Zukunft wichtig ist

“Was ist eure utopische Stadt?” Mit dieser Frage begann die erste Vorlesung der Umweltringvorlesung “Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt”. Die Ideen der Studierenden waren zahlreich: eine autofreie Stadt, grüne Dächer, mehr urbane Gärten, öffentliche Trinkwasserbrunnen, mehr Gemeinschaft in der Nachbarschaft und eine behindertengerechte Stadt sind nur einige der Zukunftsträume. Angelehnt daran startete Dr. Matthias Naumann von der Professur Didaktik der Geographie an der TU Dresden und Mitherausgeber des Buches “Kritische Stadtgeographie” seinen Vortrag über kritische Stadtforschung. Was ist Stadtforschung überhaupt? Wozu brauchen wir sie? Und ist Wissenschaft nicht immer kritisch?

São Paulo- eine der vielen Megacities die bereits weltweit existieren. 2020 wird es voraussichtlich 27 der Riesenstädte geben. (Quelle: joelfotos, pixabay)

Dr. Naumann zitiert hierbei Judith Butler: Bei der Kritik geht es „nicht darum, gegen diese oder jene staatliche
Forderung Einspruch zu erheben, sondern darum, nach der Ordnung zu fragen, in der eine solche Forderung lesbar und möglich wird“ (Deutsche Zeitschrift für Philosophie 50 (2), S. 249-265.). Die Kritische Stadtforschung ist also normativ. Sie will Forderungen stellen und Zustände nicht als gegeben hinnehmen, sie will alternative Konzepte von Stadt entwickeln und das Recht auf Stadt auch marginalisierter Gruppen einfordern, denn jeder Mensch hat ein Recht auf Stadt.

Die Debatte um die kritische Stadtforschung scheint endlos und die Themen sind vielfältig: Es geht um postkoloniale oder feministische Ansätze. Es geht um Wohnen und Mobilität, um Infrastruktur, Sicherheit und Gentrifizierung. Als aktuelles Beispiel geht Dr. Naumann auf Smart Cities ein. “Heute ist doch alles smart – die Smart Watch, das Smarte Haus, die Smarte Stadtverwaltung”, beginnt er. Eigentlich ist das Ziel des Stadtentwicklungsprogramms gut: Über das Werkzeug Digitalisierung sollen eine hohe Lebensqualität, eine effiziente und sichere Versorgung, sowie eine niedrigschwellige, transparente Verwaltung geschaffen werden. Aber die Smart City hat auch ihre Schattenseiten. So erfolgt eine digital gestützte Überwachung und Kontrolle der Stadt. Privatisierung und Unternehmensorientierung prägen die Entwicklung. Ethisch gesehen ist das Modell also diskutabel. Unabhängig davon gibt es auch in Dresden Bestrebungen zur Entwicklung der Ladeshauptstadt zur Smart City.

Dr. Naumanns Empfehlung: “Smart Cities. Kritische Perspektiven auf die Digitalisierung in Städten” von Sybille Bauriedl und Anke Strüver (Hg.) (2018, transcript)

Schließlich beendet Dr. Naumann seinen Vortrag mit einer Frage ans Auditorium: Welche positiven Beispiele einer Smart City gibt es? Eine Studentin bringt transparente Verwaltungsvorgänge (z.B. Livestreams von Stadtratssitzungen oder öffentliche Dokumente) an. Ein anderer Student verweist auf Elektromobilität im ÖPNV. Die Smart City ist also nicht per se schlecht, sollte aber auch nicht unhinterfragt in den höchsten Tönen gelobt werden.

Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt
Jeden Montag
16:40 bis 18:10
HSZ 403

Nächstes Thema: Von der Polis zur Metropolis und regionalen Agglomerationsräumen. Mit Prof. Angela Mensing-de Jong (Professur für Städtebau, TU Dresden)

Text: Luisa Zenker und Theresa Zakrzewski

Städte sind unsere Zukunft: Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt

Städte sind große, komplexe Gebilde und Lebensmittelpunkt vieler Menschen überall auf dem Planeten. Aufgrund des geselligen Wesens des Menschen, der weiter wachsenden Weltbevölkerung und der Eigenart von Städten, alle notwendigen und angenehmen Strukturen des Lebens zu bündeln, werden sie auch in Zukunft zentral für unsere Spezies sein. Damit diese riesigen Artefakte für all ihre Bewohner*innen nicht nur lebensnotwendige sondern auch lebenswerte Orte darstellen, muss sich aber noch einiges ändern. Die Umweltringvorlesung Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt. nimmt euch mit in die Beforschung des Stadtlebens, weist auf Konfliktpunkte und mögliche Lösungen hin. Organisiert und begleitet wird die Vorlesungsreihe von Luisa Zenker und Bruno Hessel. Wir haben uns die beiden geschnappt und ihnen einige Fragen gestellt.

Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt.

Welche Vorlesung der Veranstaltungsreihe interessiert euch am meisten?
Luisa und Bruno: Interessant finden wir persönlich alle Veranstaltungen. Besonders freuen wir uns aber auf die Exkursionen, welche vor allem im Sommer sehr schön sind. Dort sehen wir bereits Visionen einer besseren Stadt in der Praxis und können uns ein Bild vom tatsächlichen Dresden machen.

Gibt es nicht auch einen Trend zum Umzug auf das Land? Spielt dieser eine Rolle im Vergleich zum Städte-Trend bzw. existieren andere Gegenentwicklungen?
Luisa und Bruno: Klar, den gab und gibt es. Das nennt sich Suburbanisierung oder auch Stadtflucht. Es gibt aktuell eher den Trend, dass mehr Menschen wieder in Klein- und Mittelstädte ziehen wollen. Das zeigt, Stadt ist nicht immer gleich Megacity. Wir behandeln in der Umweltringvorlesung auch nicht nur große Städte, denn auch kleine Städte können tolle Visionen haben. Die Peripherisierung des Landes bleibt aber weiterhin in einigen Regionen bestehen und wächst weiter, wobei in anderen Regionen keine weitere Schrumpfung vorliegt. Auch hier gibt es nicht den einen Trend- auch Städte wachsen nicht immer.

Wenn das Leben in Städten unsere Zukunft bestimmt- glaubt ihr, dass alle Menschen in Städten glücklich werden können? Diese Form des Zusammenlebens bringt schließlich auch viele gesellschaftliche Probleme mit sich.
Luisa und Bruno: Sicherlich werden nicht alle Menschen in Städten glücklich werden. Die Stadt kann aufgrund ihrer Dichte und Fülle an Möglichkeiten für Manche sehr angenehm sein und viele Bedürfnisse erfüllen, für Andere ist das wiederum ungeeignet. Somit ist die gebaute Umgebung einer von vielen möglichen Faktoren für „Glück“. Das Leben in der Stadt kann unter Umständen nachhaltiger sein und Nachhaltigkeit macht- je nach Definition- schließlich mehrere Generationen „glücklicher“. Zum Beispiel haben wir kürzere Wege, die wir oft mit Rad und ÖPNV zurücklegen können und die Infrastruktur wird für viele und nicht nur eine Handvoll Menschen gebaut. Durch effizientes Bauen können Energie und Wohnraum eingespart werden. Es treffen viele Menschen und Generationen, Kulturen und Lebensstile aufeinander, was Vorurteile abbaut. Unter diesen Bedingungen kann das Leben in der Stadt das Leben in der Zukunft sein. Doch woran denken wir überhaupt, wenn die Worte Stadt und Land fallen? Bei Stadt denken Viele zunächst an Autos, Dreck, Grau, Lärm, Künstlich oder Schmutz. Bei Land denken Viele an eine idyllische Romantik mit weiten grünen Landschaften, Naturverbundenheit, Ruhe und Nähe. Aber stimmen diese Bilder? Vereinsamen nicht mehr Menschen auf dem Land, werden dort nicht viele Vorurteile gestärkt und sind die Landschaften wirklich grün oder doch eher voller Rapsfelder? Selbst Wildbienen finden in der Stadt leichter schöne, blumige Ecken als auf dem Land. Wir sollten diese Bilder vom Land in die Stadt holen- Stadtlandwirtschaften errichten, Ruhe in den Verkehr bringen, die Nähe zu den Nachbar*innen neu aufbauen. Die Stadt bietet so viele Potenziale, die wir nutzen können um die Lage zum Guten zu ändern. Natürlich kann nicht verlangt werden, dass jeder Mensch in der Stadt glücklich wird, aber die Stadt kann um einiges schöner sein, als es momentan den Anschein hat.

Hat die Vorlesungsreihe eine bestimmte Zielgruppe? Für wen lohnt sich der Besuch besonders?
Luisa und Bruno: Da wir an einer Technischen Universität sind spricht das Thema Stadt möglicherweise zunächst Studierende in planerischen Disziplinen wie Städtebau, Architektur, Verkehr und ähnliche an. Da in der Stadt aber so vieles zusammenkommt und zusammenspielt, ist die Veranstaltungsreihe sicherlich für Studierende jeglicher Fachrichtungen interessant. Außerdem können besonders auch Menschen, die aktuell nicht studieren, gern bei uns vorbeischauen.

Gibt es Begleitmaterial?
Luisa und Bruno: Das gibt es. Wir stellen die Vorlesungspräsentationen bereit und nehmen die Vorträge als Podcast zum Nachhören auf. Beides ist dann auf OPAL abrufbar. Außerdem wird es analoges Begleitmaterial in Form eines Heftes geben. Das wird bei der ersten Vorlesungsveranstaltung ausgegeben.

In der Beschreibung der Umweltringvorlsung fragt ihr danach, von welchen Visionen die Leute heute in einer Stadt von morgen träumen. Von welcher Vision für Dresden träumt ihr?
Luisa und Bruno: In unserer persönlichen Utopie von Dresden ist vieles anders: Es ist eine Stadt mit vielen Fahrradfahrer*innen und Nutzer*innen des ÖPNV und mit keinem bis sehr geringem motorisierten Individualverkehr. Es gibt viele Hausprojekte, in welchen die Menschen nicht von großen Immobilienbetrieben abhängig sind. Außerdem gibt es sehr viel mehr Stadtgrün. Parks und solidarische Landwirtschaften. Klimaneutral ist sie natürlich auch und noch so vieles mehr, was alles in der URV diskutiert werden kann und soll.

Warum sollten die Studierenden gerade zu eurer Vorlesung kommen, wo es doch so viele verschiedene gibt, die besucht werden können?
Luisa und Bruno: Die Studierenden können zu unserer Vorlesung kommen, wenn die Themen für sie spannend sind. Es ist immer besonders toll, wenn Menschen zu uns kommen, die sich tatsächlich für den Vortrag interessieren und im Anschluss noch viel zu diskutieren und hinterfragen haben. Daher ist es gar nicht so wichtig, einen vollen Hörsaal vor uns zu haben, sondern vielmehr, dass alle etwas für sich mitnehmen können, neue Blickwinkel auf Zusammenhänge entdecken oder inspiriert werden. Die Vorlesung bietet einen breiten Ansatz und es wird kein Vorwissen benötigt. Es wird praktisch, es wird diskutiert, es ist progressiv und vor allem von Studierenden.

HARD FACTS:

Über Leben im Zukunfts(t)raum Stadt.

    • Start: 08.04.2019
    • Zeit: Montag, 6. DS 16:40-18:10 Uhr
    • Ort: HSZ 403
    • Ansprechmenschen: Luisa Zenker, Bruno Hessel

Interview und Beitrag: Theresa Zakrzewski
Foto: Moritz Schlieb

Stellungnahme zu beabsichtigten Änderungen an der Planung des Zelleschen Weges

Das Referat Mobilität und die TU Umweltinitiative (tuuwi), beide Teil des StuRa, der zentralen Studierendenvertretung an der TU Dresden, kritisieren den von CDU- und FDP-Stadtratsfraktion gestellten Antrag vom 01.02.2019 zu Planungsänderungen für den Zelleschen Weg scharf. Nach ausführlicher Analyse kommen sie zu dem Schluss, dass dem Autoverkehr mit dem Antrag mehr Raum zugestanden werden soll als notwendig, während der hochfrequentierte Radweg nicht einmal in Regelbreite gebaut werden soll. Dass dabei Grün- und Freiflächen des Campus geopfert werden, ohne reale Vorteile für den motorisierten Individualverkehr zu schaffen, zeugt von reiner Symbolpolitik.

Hintergrund

2016 wurde vom Stadtrat der grundsätzliche Straßenquerschnitt [1] des Teilabschnitts Zellescher Weg im Rahmen des Projektes Stadtbahn 2020 beschlossen. Dieser sieht einen besonderen Bahnkörper in Mittellage für die Straßenbahn, je Richtung einen überbreiten Fahrstreifen (5,50 m) für den Motorisierten Individualverkehr (MIV), einen Zweirichtungsradweg (2,50 m) südlich, einen Einrichtungsradfahrstreifen (1,75 m) nördlich, sowie beidseitig Gehwege (3,50 m) vor.

Der von CDU und FDP eingebrachte Antrag [2] vom 01.02.2019 hat folgende Änderungen zum Ziel: Statt eines überbreiten Fahrstreifens je Richtung erhält der MIV zwei Fahrstreifen und damit 6,5 m je Richtung (jeweils + 1 m im Vergleich zur vorangegangenen Planung). Die Breite des Zweirichtungsradweg auf der Südseite beträgt nur 2 m (- 0,5 m) und die des Einrichtungsradfahrstreifes nördlich nur 1,60 m (- 0,15 m).

Bemerkungen 

Nicht beachtet wird in dem neuen Antrag, dass der Autoverkehr mit den überbreiten Fahrstreifen der Planung von 2016 laut einer Verkehrssimulation problemlos abgewickelt werden kann. Denn zum Einen können sich zwei PKW während der Fahrt weiterhin überholen, zum Anderen sind hauptsächlich die angrenzenden Kreuzungen für die Leistungsfähigkeit limitierend und nicht die Fahrstreifen dazwischen.

Während der MIV somit mehr Platz bekäme als notwendig, müsste sich der Radverkehr statt mit den Regelwerten von 2,50 m (Zweirichtungsradweg) und 2 m (Einrichtungsradfahrstreifen) hingegen mit den Minimalwerten für geringes Radverkehrsaufkommen [3] begnügen. Das ist nicht zu akzeptieren, da der Zellesche Weg eine der Hauptverkehrsachsen für den Radverkehr darstellt.

Im Beschluss von 2016 sind beim Radverkehr bereits Abstriche vorgenommen worden. Auf der Nordseite (Mensa Siedepunkt) wurde statt eines vollwertigen Radweges nur ein Radfahrstreifen auf der Fahrbahn mit einer Breite unter dem Regelwert beschlossen. Diesen Kompromiss nun zu kippen und damit den Radverkehr ein weiteres Mal einzuschränken, um lediglich eine gefühlte Kapazitätssteigerung für den MIV zu erreichen, ist schlicht nicht nachvollziehbar.

Eine Straße ist kein Selbstzweck und sollte nur so breit wie nötig gebaut werden, da diese Flächen versiegelt, die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum reduziert und eine trennende Barriere durch den Campus zieht. Die Barrierewirkung lässt sich bei Verkehrswegen nicht vermeiden, sollte aber durch möglichst viele Querungshilfen gemindert werden. Dazu braucht es eine schmalere Straßengestaltung als im Statu Quo, um überhöhte Geschwindigkeiten weniger zu begünstigen.

Drastische Auswirkungen hätte die Neuplanung auch auf den Vorplatz der SLUB, welcher aktuell durch einen Wall abgetrennt ist. Dieser müsste mitsamt Baumbepflanzung voraussichtlich zum großen Teil weichen und könnte wahrscheinlich nur in kleinerem Umfang neugestaltet werden [4]

Fazit

Wir appelieren aufgrund der aufgeführten Punkte an den Stadtrat, sich gegen den Antrag vom 01.02.2019 auszusprechen. In einer lebenswerten Stadt und auf unserem Campus benötigen wir hochqualitative öffentliche Räume, wo sich Menschen gerne aufhalten, kommunizieren und neue Ideen entwickeln können. Das Konzept der autogerechten Stadt [5] der 60er und 70er Jahre ist längst nicht mehr zeitgemäß, da immer breitere Verkehrsachsen für PKW und LKW zu einem nicht zu bewältigenden Verkehr führen und Städte dadurch ihren Charakter verlieren. So ist auch der aktuell vierspurige Zustand des Zelleschen Weges in den Konzepten dieser Zeit zu verorten, der einst ein wichtiges Element zur Südumfahrung der Stadt gewesen ist. Diese Funktion wird heute hingegen von der A17 übernommen.

Stand der Wissenschaft ist, in verdichteten Stadträumen vor allem dem Fuß -, Rad- und Öffentlichem Verkehr Raum zu geben, um die Lebensqualität in der Stadt insgesamt zu erhöhen. Dadurch wird 2 es möglich, Lehr – und Forschungsgebäude, Einzelhandel und Wohngebäude direkt miteinander zu verbinden sowie Verkehrsprobleme, schädliche Abgase und Lärm zu reduzieren.

In vielen Vorreiterstädten wie Kopenhagen und Amsterdam funktionieren entsprechende Konzepte bereits ausgezeichnet. Insbesondere an der Hauptverkehrsachse unserer Universität, an welcher wir für die Zukunft lernen, lehren und forschen, ist es wichtig, sich an zeitgemäßen Mobilitätskonzepten zu orientieren. Der StuRa TU Dresden hat sich mit den Leitlinien Mobilität schon vor einer Weile für nachhaltige und zeitgemäße Mobilitätskonzepte ausgesprochen. Trotz teils schlechter Bedingungen nutzen Studierende der TU bereits jetzt für rund 90% ihrer Wege den sogenannten Umweltverbund aus Öffentlichem-, Rad-, und Fußverkehr. Ein Anteil, der sich durch ein gutes Angebot weiter steigern lässt.

Studierendenrat der TUD, Referat Mobilität und die TU-Umweltinitiative (tuuwi)

Variantenuntersuchung von 2016 zu finden unter: http://ratsinfo.dresden.de/vo0050.php?__kvonr=10309
[1] – Variante Z2a optimiert mit Änderungen: 2m Radfahrstreifen (inkl. 0,25m Sicherheitszuschlag) nördlich & 2,50m Radweg (zzgl. Sicherheitszuschlag) südlich
[3] – gemäß RASt 06
[4] – gemäß Anlage 6.2 – Variantenabwägung Z_öffentlich

Business as usual? Wirtschaftsethik und -alternativen.

Das neue Semester bringt Sommer, Sonne, Sonnenschein und Veränderung. Brandaktuell sind jene Veränderungen, die unser Klima betreffen. Wenn wir nicht die Notbremse ziehen, werden einige sehr unangenehme und irreversible dieser Veränderungen eintreten. Um das zu verhindern, muss sich auch grundlegend etwas an unserem aktuellen Wirtschaftssystem ändern. Die Umweltringvorlesung Kapital is muss!? Wirtschaftsethik und -alternativen erklärt die Grundzüge von Kapitalismus und Marktwirtschaft, betrachtet diese kritisch und führt in einige der zahlreichen Alternativ-Ansätze ein. Geplant und begleitet wird die Vorlesungsreihe von Jana Lintz und Johannes Hof. Wir haben uns die beiden geschnappt und ihnen einige Fragen gestellt.

Kapital is muss!? Wirtschaftsethik und -alternativen.

Der Inhalt der Umweltringvorlesung in drei Sätzen?
Jana: Wir hangeln uns von der Kritik am vorherrschenden Wirtschaftssystem zu den Alternativen und beleuchten die verschiedene Perspektiven. Die möglichen Lösungen sind breit gestreut: Von gesellschaftlicher Transformation durch geldfreie Ansätze oder mehr Gemeingüter bis hin zu grünem Wachstum, bei dem unser jetziges System bestehen bleibt und verbessert wird.

Welche Vorlesung der Veranstaltungsreihe interessiert dich am meisten?
Jana: Sehr spannend finde ich unser Café-Format am 29.05. zu dem wir verschiedene Initiativen aus der Region Dresden einladen und man viel Neues lernen kann. Zum Beispiel wird der Elbtaler als regionale Währung vorgestellt, man lernt die Gemeinwohlökonomie und Solidarische Landwirtschaften kennen und auch eine Hochschulgruppe zu Wirtschaftsethik wird anwesend sein. Außerdem freue ich mich auf den Vortrag von Felix Ekardt am 15.05., in dem sich viel um gesellschaftliche Transformation drehen wird. Insgesamt bin ich auf die ganze Reihe gespannt.
Johannes: Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich mir wohl den Vortrag von Tobi Rosswog “Geldfreier Leben – Wege in ein neues Miteinander” am 18.06. zu Gemüte führen. Geld als Tauschmittel ist so allgegenwärtig, dass es für Viele kaum vorstellbar ist, wie es ohne oder mit weniger gehen kann – ich bin gespannt auf seine Ideen dazu!

Die Umweltringvorlesung soll Licht ins Dunkel der (Finanz-)Wirtschaft bringen. Was mach die Finanzwirtschaft so dunkel?
Jana: Mit dem Thema Geld und Wirtschaft kommt man jeden Tag in Berührung und trotzdem weiß man so wenig darüber. Aktionen und Funktionsweisen von Banken sind schlecht nachvollziehbar. Im Finanzsystem erfolgt Wertschöpfung durch das reine Bewegen von Geld, durch Zinsen und Zinseszinsen. Auch die Vergabe von Krediten ist kritisch zu betrachten.
Johannes: Ihre Produkte. Die Finanzwirtschaft trägt entscheidend dazu bei, Ungleichheiten zwischen Menschen zu erzeugen und aufrecht zu erhalten- global, aber auch ganz konkret in Deutschland. Wie? Kommt zur Vorlesung!

In mehreren Veranstaltungen werden Alternativen zum vorherrschenden Kapitalismus aufgezeigt. Hältst du selbst einen freiwilligen Wandel für realistisch oder wird erst der Kollaps zu einer Veränderung des Wirtschaftssystems führen?
Jana: Politiker*innen die sich für nachhaltiges und umweltverträgliches Wirtschaften einsetzen, bekommen nicht genug Aufmerksamkeit und der gesellschaftliche Wandel ist so langsam. Zwar beschäftigt das Thema gerade Viele, aber Veränderung braucht viel Zeit. Pessimistisch betrachtet handeln Menschen immer erst nach dem Eintreten einer Krise. In diesem Fall wäre wohl ein Kollaps nötig. Optimistisch betrachtet besuchen die Studierenden unsere Umweltringvorlesung und beschäftigen sich mit dem Thema. Im Kleinen kann man schneller etwas bewegen, in einzelnen Gruppen oder Stadtteilen. Wie wir aufzeigen, passieren hier schon die ersten Dinge.
Johannes: Ich denke, dass sich in den letzten Jahren in vielen Bereichen ein kritischeres Verhältnis gegenüber dem kapitalistischen Wirtschaftssystem etabliert hat. Ich möchte hier die Klimabewegung als einen Bereich hervorheben, der in den vergangenen Jahren einen großen Zuwachs verzeichnen kann. Die Mehrheit der in der Klimabewegung vertretenden Positionen fordert ein Umdenken – auch bezüglich des Wirtschaftens. Ein Ende Gelände-Slogan fasst das gut zusammen: “System Change – not Climate Change”. Das wäre, vereinfacht, die positive Entwicklung. Leider sehe ich auch, dass sich viele, scheinbar gute, Ansätze wieder der kapitalistischen Verwertungs- und Vermarktungslogik hingeben. Und der Kollaps war 2008 mit der Finanzkrise schon einmal da. Viel zum Guten geändert hat sich nicht.

Hat die Umweltringvorlesung eine bestimmte Zielgruppe? Für wen lohnt sich der Besuch besonders?
Jana: Wir würden uns freuen, wenn Leute aus den Wirtschaftswissenschaften allgemein oder dem Master für Volkswirtschafts­lehre zu uns kommen. Ich studiere selbst Wirtschaftswissenschaften und vermisse alternative und kritische Perspektiven hier sehr. Aber natürlich sind wie immer alle Studierenden ganz unabhängig von ihrem Studiengang eingeladen!
Johannes: In erster Linie werden zwar Studierende angesprochen, aber natürlich ist die Vorlesung offen für alle Menschen, die am Thema interessiert sind. Der Besuch würde sich besonders für alle lohnen, die sich bisher unkritisch dem kapitalistischen System unterwerfen und für die das Thema komplettes Neuland ist.

Gibt es Begleitmaterial?
Jana: Vielleicht bieten wir noch einige Exkursionen an, zum Beispiel in die Neustadt und zu Coworking Spaces.
Johannes: Wir werden auf OPAL ein paar begleitende Texte zur Verfügung stellen. Wer Interesse hat, sich mit einem Thema weiter zu beschäftigen, kann das auf diesem Weg tun. Außerdem gibt es auf OPAL ein Forum, in dem sich Teilnehmende über Inhalte austauschen oder Links zu Artikeln teilen können.

Wenn der Kapitalismus abgeschafft werden sollte, welche seiner Auswüchse würdest du am meisten vermissen?
Jana: Es gibt natürlich die Ansicht, dass die Marktwirtschaft an sich verändert werden kann, ohne den Kapitalismus abschaffen zu müssen – durch soziale Marktwirtschaft. Aber wenn man ihn abschafft, würde dann auch das Geldsystem verschwinden? Globale Ungerechtigkeit wäre auf jeden Fall etwas, dass niemand vermissen würde. Güter sind auf der Welt völlig ungleich verteilt und Ausbeutungsstrukturen werden durch die Globalisierung noch angefacht, besonders im globalen Süden.

Warum sollten die Studierenden gerade zu euer Vorlesung kommen, wo es doch so viele verschiedene gibt, die besucht werden können?
Jana: Wir behandeln viele verschiedene Themen und sind interdisziplinär aufgestellt, wie man so schön sagt. Die Einführung in das Thema findet in VWL-Perspektive statt, soziologische und feministische Standpunkte werden vorgestellt und alternative Wirtschaftsansichten sind auch dabei. Das alles bietet ein gutes Diskussionspotenzial. Außerdem ist das Thema gerade sehr aktuell. Inzwischen stellen sich viele Leute Fragen über unser Wirtschaftssystem und was sich daran vielleicht ändern muss.

HARD FACTS:

    • Start: 10.04.2019
    • Zeit: Mittwoch, 6. DS 16:40-18:10 Uhr
    • Ort:  POT 112

Interview und Beitrag: Theresa Zakrzewski
Foto: Nattanan Kanchanaprat auf Pixabay