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Stellungnahme zu beabsichtigten Änderungen an der Planung des Zelleschen Weges

Das Referat Mobilität und die TU Umweltinitiative (tuuwi), beide Teil des StuRa, der zentralen Studierendenvertretung an der TU Dresden, kritisieren den von CDU- und FDP-Stadtratsfraktion gestellten Antrag vom 01.02.2019 zu Planungsänderungen für den Zelleschen Weg scharf. Nach ausführlicher Analyse kommen sie zu dem Schluss, dass dem Autoverkehr mit dem Antrag mehr Raum zugestanden werden soll als notwendig, während der hochfrequentierte Radweg nicht einmal in Regelbreite gebaut werden soll. Dass dabei Grün- und Freiflächen des Campus geopfert werden, ohne reale Vorteile für den motorisierten Individualverkehr zu schaffen, zeugt von reiner Symbolpolitik.

Hintergrund

2016 wurde vom Stadtrat der grundsätzliche Straßenquerschnitt [1] des Teilabschnitts Zellescher Weg im Rahmen des Projektes Stadtbahn 2020 beschlossen. Dieser sieht einen besonderen Bahnkörper in Mittellage für die Straßenbahn, je Richtung einen überbreiten Fahrstreifen (5,50 m) für den Motorisierten Individualverkehr (MIV), einen Zweirichtungsradweg (2,50 m) südlich, einen Einrichtungsradfahrstreifen (1,75 m) nördlich, sowie beidseitig Gehwege (3,50 m) vor.

Der von CDU und FDP eingebrachte Antrag [2] vom 01.02.2019 hat folgende Änderungen zum Ziel: Statt eines überbreiten Fahrstreifens je Richtung erhält der MIV zwei Fahrstreifen und damit 6,5 m je Richtung (jeweils + 1 m im Vergleich zur vorangegangenen Planung). Die Breite des Zweirichtungsradweg auf der Südseite beträgt nur 2 m (- 0,5 m) und die des Einrichtungsradfahrstreifes nördlich nur 1,60 m (- 0,15 m).

Bemerkungen 

Nicht beachtet wird in dem neuen Antrag, dass der Autoverkehr mit den überbreiten Fahrstreifen der Planung von 2016 laut einer Verkehrssimulation problemlos abgewickelt werden kann. Denn zum Einen können sich zwei PKW während der Fahrt weiterhin überholen, zum Anderen sind hauptsächlich die angrenzenden Kreuzungen für die Leistungsfähigkeit limitierend und nicht die Fahrstreifen dazwischen.

Während der MIV somit mehr Platz bekäme als notwendig, müsste sich der Radverkehr statt mit den Regelwerten von 2,50 m (Zweirichtungsradweg) und 2 m (Einrichtungsradfahrstreifen) hingegen mit den Minimalwerten für geringes Radverkehrsaufkommen [3] begnügen. Das ist nicht zu akzeptieren, da der Zellesche Weg eine der Hauptverkehrsachsen für den Radverkehr darstellt.

Im Beschluss von 2016 sind beim Radverkehr bereits Abstriche vorgenommen worden. Auf der Nordseite (Mensa Siedepunkt) wurde statt eines vollwertigen Radweges nur ein Radfahrstreifen auf der Fahrbahn mit einer Breite unter dem Regelwert beschlossen. Diesen Kompromiss nun zu kippen und damit den Radverkehr ein weiteres Mal einzuschränken, um lediglich eine gefühlte Kapazitätssteigerung für den MIV zu erreichen, ist schlicht nicht nachvollziehbar.

Eine Straße ist kein Selbstzweck und sollte nur so breit wie nötig gebaut werden, da diese Flächen versiegelt, die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum reduziert und eine trennende Barriere durch den Campus zieht. Die Barrierewirkung lässt sich bei Verkehrswegen nicht vermeiden, sollte aber durch möglichst viele Querungshilfen gemindert werden. Dazu braucht es eine schmalere Straßengestaltung als im Statu Quo, um überhöhte Geschwindigkeiten weniger zu begünstigen.

Drastische Auswirkungen hätte die Neuplanung auch auf den Vorplatz der SLUB, welcher aktuell durch einen Wall abgetrennt ist. Dieser müsste mitsamt Baumbepflanzung voraussichtlich zum großen Teil weichen und könnte wahrscheinlich nur in kleinerem Umfang neugestaltet werden [4]

Fazit

Wir appelieren aufgrund der aufgeführten Punkte an den Stadtrat, sich gegen den Antrag vom 01.02.2019 auszusprechen. In einer lebenswerten Stadt und auf unserem Campus benötigen wir hochqualitative öffentliche Räume, wo sich Menschen gerne aufhalten, kommunizieren und neue Ideen entwickeln können. Das Konzept der autogerechten Stadt [5] der 60er und 70er Jahre ist längst nicht mehr zeitgemäß, da immer breitere Verkehrsachsen für PKW und LKW zu einem nicht zu bewältigenden Verkehr führen und Städte dadurch ihren Charakter verlieren. So ist auch der aktuell vierspurige Zustand des Zelleschen Weges in den Konzepten dieser Zeit zu verorten, der einst ein wichtiges Element zur Südumfahrung der Stadt gewesen ist. Diese Funktion wird heute hingegen von der A17 übernommen.

Stand der Wissenschaft ist, in verdichteten Stadträumen vor allem dem Fuß -, Rad- und Öffentlichem Verkehr Raum zu geben, um die Lebensqualität in der Stadt insgesamt zu erhöhen. Dadurch wird 2 es möglich, Lehr – und Forschungsgebäude, Einzelhandel und Wohngebäude direkt miteinander zu verbinden sowie Verkehrsprobleme, schädliche Abgase und Lärm zu reduzieren.

In vielen Vorreiterstädten wie Kopenhagen und Amsterdam funktionieren entsprechende Konzepte bereits ausgezeichnet. Insbesondere an der Hauptverkehrsachse unserer Universität, an welcher wir für die Zukunft lernen, lehren und forschen, ist es wichtig, sich an zeitgemäßen Mobilitätskonzepten zu orientieren. Der StuRa TU Dresden hat sich mit den Leitlinien Mobilität schon vor einer Weile für nachhaltige und zeitgemäße Mobilitätskonzepte ausgesprochen. Trotz teils schlechter Bedingungen nutzen Studierende der TU bereits jetzt für rund 90% ihrer Wege den sogenannten Umweltverbund aus Öffentlichem-, Rad-, und Fußverkehr. Ein Anteil, der sich durch ein gutes Angebot weiter steigern lässt.

Studierendenrat der TUD, Referat Mobilität und die TU-Umweltinitiative (tuuwi)

Variantenuntersuchung von 2016 zu finden unter: http://ratsinfo.dresden.de/vo0050.php?__kvonr=10309
[1] – Variante Z2a optimiert mit Änderungen: 2m Radfahrstreifen (inkl. 0,25m Sicherheitszuschlag) nördlich & 2,50m Radweg (zzgl. Sicherheitszuschlag) südlich
[3] – gemäß RASt 06
[4] – gemäß Anlage 6.2 – Variantenabwägung Z_öffentlich

Business as usual? Wirtschaftsethik und -alternativen.

Das neue Semester bringt Sommer, Sonne, Sonnenschein und Veränderung. Brandaktuell sind jene Veränderungen, die unser Klima betreffen. Wenn wir nicht die Notbremse ziehen, werden einige sehr unangenehme und irreversible dieser Veränderungen eintreten. Um das zu verhindern, muss sich auch grundlegend etwas an unserem aktuellen Wirtschaftssystem ändern. Die Umweltringvorlesung Kapital is muss!? Wirtschaftsethik und -alternativen erklärt die Grundzüge von Kapitalismus und Marktwirtschaft, betrachtet diese kritisch und führt in einige der zahlreichen Alternativ-Ansätze ein. Geplant und begleitet wird die Vorlesungsreihe von Jana Lintz und Johannes Hof. Wir haben uns die beiden geschnappt und ihnen einige Fragen gestellt.

Kapital is muss!? Wirtschaftsethik und -alternativen.

Der Inhalt der Umweltringvorlesung in drei Sätzen?
Jana: Wir hangeln uns von der Kritik am vorherrschenden Wirtschaftssystem zu den Alternativen und beleuchten die verschiedene Perspektiven. Die möglichen Lösungen sind breit gestreut: Von gesellschaftlicher Transformation durch geldfreie Ansätze oder mehr Gemeingüter bis hin zu grünem Wachstum, bei dem unser jetziges System bestehen bleibt und verbessert wird.

Welche Vorlesung der Veranstaltungsreihe interessiert dich am meisten?
Jana: Sehr spannend finde ich unser Café-Format am 29.05. zu dem wir verschiedene Initiativen aus der Region Dresden einladen und man viel Neues lernen kann. Zum Beispiel wird der Elbtaler als regionale Währung vorgestellt, man lernt die Gemeinwohlökonomie und Solidarische Landwirtschaften kennen und auch eine Hochschulgruppe zu Wirtschaftsethik wird anwesend sein. Außerdem freue ich mich auf den Vortrag von Felix Ekardt am 15.05., in dem sich viel um gesellschaftliche Transformation drehen wird. Insgesamt bin ich auf die ganze Reihe gespannt.
Johannes: Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich mir wohl den Vortrag von Tobi Rosswog “Geldfreier Leben – Wege in ein neues Miteinander” am 18.06. zu Gemüte führen. Geld als Tauschmittel ist so allgegenwärtig, dass es für Viele kaum vorstellbar ist, wie es ohne oder mit weniger gehen kann – ich bin gespannt auf seine Ideen dazu!

Die Umweltringvorlesung soll Licht ins Dunkel der (Finanz-)Wirtschaft bringen. Was mach die Finanzwirtschaft so dunkel?
Jana: Mit dem Thema Geld und Wirtschaft kommt man jeden Tag in Berührung und trotzdem weiß man so wenig darüber. Aktionen und Funktionsweisen von Banken sind schlecht nachvollziehbar. Im Finanzsystem erfolgt Wertschöpfung durch das reine Bewegen von Geld, durch Zinsen und Zinseszinsen. Auch die Vergabe von Krediten ist kritisch zu betrachten.
Johannes: Ihre Produkte. Die Finanzwirtschaft trägt entscheidend dazu bei, Ungleichheiten zwischen Menschen zu erzeugen und aufrecht zu erhalten- global, aber auch ganz konkret in Deutschland. Wie? Kommt zur Vorlesung!

In mehreren Veranstaltungen werden Alternativen zum vorherrschenden Kapitalismus aufgezeigt. Hältst du selbst einen freiwilligen Wandel für realistisch oder wird erst der Kollaps zu einer Veränderung des Wirtschaftssystems führen?
Jana: Politiker*innen die sich für nachhaltiges und umweltverträgliches Wirtschaften einsetzen, bekommen nicht genug Aufmerksamkeit und der gesellschaftliche Wandel ist so langsam. Zwar beschäftigt das Thema gerade Viele, aber Veränderung braucht viel Zeit. Pessimistisch betrachtet handeln Menschen immer erst nach dem Eintreten einer Krise. In diesem Fall wäre wohl ein Kollaps nötig. Optimistisch betrachtet besuchen die Studierenden unsere Umweltringvorlesung und beschäftigen sich mit dem Thema. Im Kleinen kann man schneller etwas bewegen, in einzelnen Gruppen oder Stadtteilen. Wie wir aufzeigen, passieren hier schon die ersten Dinge.
Johannes: Ich denke, dass sich in den letzten Jahren in vielen Bereichen ein kritischeres Verhältnis gegenüber dem kapitalistischen Wirtschaftssystem etabliert hat. Ich möchte hier die Klimabewegung als einen Bereich hervorheben, der in den vergangenen Jahren einen großen Zuwachs verzeichnen kann. Die Mehrheit der in der Klimabewegung vertretenden Positionen fordert ein Umdenken – auch bezüglich des Wirtschaftens. Ein Ende Gelände-Slogan fasst das gut zusammen: “System Change – not Climate Change”. Das wäre, vereinfacht, die positive Entwicklung. Leider sehe ich auch, dass sich viele, scheinbar gute, Ansätze wieder der kapitalistischen Verwertungs- und Vermarktungslogik hingeben. Und der Kollaps war 2008 mit der Finanzkrise schon einmal da. Viel zum Guten geändert hat sich nicht.

Hat die Umweltringvorlesung eine bestimmte Zielgruppe? Für wen lohnt sich der Besuch besonders?
Jana: Wir würden uns freuen, wenn Leute aus den Wirtschaftswissenschaften allgemein oder dem Master für Volkswirtschafts­lehre zu uns kommen. Ich studiere selbst Wirtschaftswissenschaften und vermisse alternative und kritische Perspektiven hier sehr. Aber natürlich sind wie immer alle Studierenden ganz unabhängig von ihrem Studiengang eingeladen!
Johannes: In erster Linie werden zwar Studierende angesprochen, aber natürlich ist die Vorlesung offen für alle Menschen, die am Thema interessiert sind. Der Besuch würde sich besonders für alle lohnen, die sich bisher unkritisch dem kapitalistischen System unterwerfen und für die das Thema komplettes Neuland ist.

Gibt es Begleitmaterial?
Jana: Vielleicht bieten wir noch einige Exkursionen an, zum Beispiel in die Neustadt und zu Coworking Spaces.
Johannes: Wir werden auf OPAL ein paar begleitende Texte zur Verfügung stellen. Wer Interesse hat, sich mit einem Thema weiter zu beschäftigen, kann das auf diesem Weg tun. Außerdem gibt es auf OPAL ein Forum, in dem sich Teilnehmende über Inhalte austauschen oder Links zu Artikeln teilen können.

Wenn der Kapitalismus abgeschafft werden sollte, welche seiner Auswüchse würdest du am meisten vermissen?
Jana: Es gibt natürlich die Ansicht, dass die Marktwirtschaft an sich verändert werden kann, ohne den Kapitalismus abschaffen zu müssen – durch soziale Marktwirtschaft. Aber wenn man ihn abschafft, würde dann auch das Geldsystem verschwinden? Globale Ungerechtigkeit wäre auf jeden Fall etwas, dass niemand vermissen würde. Güter sind auf der Welt völlig ungleich verteilt und Ausbeutungsstrukturen werden durch die Globalisierung noch angefacht, besonders im globalen Süden.

Warum sollten die Studierenden gerade zu euer Vorlesung kommen, wo es doch so viele verschiedene gibt, die besucht werden können?
Jana: Wir behandeln viele verschiedene Themen und sind interdisziplinär aufgestellt, wie man so schön sagt. Die Einführung in das Thema findet in VWL-Perspektive statt, soziologische und feministische Standpunkte werden vorgestellt und alternative Wirtschaftsansichten sind auch dabei. Das alles bietet ein gutes Diskussionspotenzial. Außerdem ist das Thema gerade sehr aktuell. Inzwischen stellen sich viele Leute Fragen über unser Wirtschaftssystem und was sich daran vielleicht ändern muss.

HARD FACTS:

    • Start: 10.04.2019
    • Zeit: Mittwoch, 6. DS 16:40-18:10 Uhr
    • Ort:  POT 112

Interview und Beitrag: Theresa Zakrzewski
Foto: Nattanan Kanchanaprat auf Pixabay

Klimaaction im Jahr 2019

Fridays for Future

Den Beginn macht der Aufruf von Fridays for Future, am 15.03 gemeinsam für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren. Allein in Deutschland gibt es unzählige Lokalgruppen und auch in Dresden protestierten schon über 200 Schüler und Schülerinnen vor dem Landtag.

Medial konzentriert sich die Berichterstattung stark auf eine 16-jährige Schwedin, die vor einem guten halben Jahr diese Proteste losgetreten hat. Und ob man mit dieser Fixierung auf eine Person etwas anfangen kann oder nicht: Endlich gibt es breite Proteste und viele Menschen, die sich zuvor nicht mit diesen Themen beschäftigt haben, bemerken inzwischen, dass endlich etwas passieren muss.

Klimacamps

Außerdem gibt es in diesem Jahr fünf Klimacamps, in Polen, Tschechien, Österreich und in Deutschland. Nachdem es bereits 2006 das erste Camp in England gab, finden Klimacamps inzwischen in ganz Europa statt. Dabei treffen sich Menschen, um unter anderem im Rahmen einer Summerschool mehr über die Themen Klimawandel, Postwachstum und Kohleausstieg zu lernen. Es geht um Fragen, wie wir gemeinsam leben wollen – und welche Alternativen zu unserem klassischen wachstumsorientierten Gemeinwesen noch existieren.

Und es wird versucht, das alles auch vor Ort zu leben. Wie organisiert man so ein Camp? Wie verteilt man die Arbeit? Wie treffen wir Entscheidungen? Und wie gehen wir dabei miteinander um?

Schon jetzt gibt es regelmäßige Orgatreffen für das Camp bei Leipzig und wer Lust hat, kann sich dort gern mit einbringen.

Ende Gelände

Außerdem gibt es eine Protestaktion des Bündnisses „Ende Gelände“. Dabei wird im Rahmen einer „Aktion zivilen Ungehorsams“ Kohleinfrastruktur blockiert. Auch hier gibt es ein Camp und Aktionstrainings.

  • 19.06 -24.06. – Ende Gelände im Rheinland am Tagebau Garzweiler bei Köln

Sind Elektroautos wirklich die Zukunft von morgen?

Die letzte Veranstaltung der Umweltringvorlesungen in diesem Semester behandelte das Thema Ressourcen(un)gerechtigkeit. Beate Schurath von INKOTA, Regionalstelle Sachsen berichtete in der Umweltringvorlesung NOCHMAL KURZ DIE WELT RETTEN? – Nachhaltiger Alltag (II) vom Ressourcenhunger der westlichen Welt, Tiefseebergbau und überhaupt nicht nachhaltigen Elektroautos.

Der globale Ressourcenhunger ist inzwischen schier unendlich. Seit 1980 steigt er kontinuierlich an. Und Deutschland gehört zu den größten Ressourcenkonsumenten überhaupt. Unter anderem liegt das auch an einer bestimmten Strategie der Bundesregierung. Sie versucht immer die besten Konditionen für Ressourcenimporte der Industrie auszuhandeln und stetige Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die in den Abbauländern aus der Ressourcengewinnung entstehenden sozialen und ökologischen Konflikte werden ignoriert. Dabei ergeben sich aus dem Geschäft mit den Schätzen unserer Erde immer die gleiche Probleme:

  1. Je größer der Ressourcenverbrauch, in umso mehr teils hochsensbile Lebensräume dringt der Mensch mit seinen Maschinen vor, zum Beispiel geschützte Wälder oder die Tiefsee.
  2. Ressourcenabbau im extraktiven Sektor (klassische Energielieferanten wie Kohle und Erdöl, Nichteisenmetalle und Hochtechnologiemineralien) führt unter heutigen Bedingungen immer zur Missachtung von menschenrechtlichen und ökologischen Standards.

Ein weiterer sensibler Lebensraum, welchen die Industrie momentan für sich entdeckt, ist der Meeresboden in tausenden Metern Tiefe. Unterwasserbergbau wird für viele Staaten immer interessanter, da sich aus Manganknollen auf dem Meeresgrund viele für unsere zukunftsweisenden Technologien essentielle Bestandteile wie Lithium und Kobalt extrahieren lassen. Zahlreiche Wissenschaftler*innen warnen jedoch davor, dass bereits kleinste Eingriffe in ein so wenig erforschtes und fremdes Ökosystem zu gravierenden und bleibenden Negativauswirkungen führen könnten. So berichtete Beate Schurath von der Entnahme von Manganknollen-Proben zur wissenschaftlichen Untersuchung, durch die Sedimente vom Meeresboden aufgewirbelt worden waren. Wochen später hatte sich das Sediment noch immer nicht wieder abgesetzt und die Bodenstruktur hatte sich sichtbar verändert.

Aber auch an Land gibt es genügend Missstände. Bei der Vergabe von Abbaurechten werden Menschen von ihrem Land vertrieben, die Rechte indigener Völker mit Füßen getreten, überlebenswichtige Trinkwasserquellen vergiftet und der Grundwasserspiegel drastisch gesenkt. Widerstand durch die ansässige Bevölkerung wird zunehmend gewaltsam bekämpft.

Und was passiert mit dem Land, wenn der Ressourcenabbau beendet ist? Nichts. Bergbauanlagen beispielsweise hinterlassen riesige tiefe Krater, umgeben von kahlen, unwirtlichen Landstrichen. Das Gelände wird in Staaten wie Chile oder Peru – anders als in Deutschland – einfach sich selbst überlassen.

Die ausgesprochene Brisanz des Themas verstärkt sich durch ein Entwicklung, die gern als Instustrie 4.0 bezeichnet wird. Ihre großen Zukunftstechnologien sind alle höchst abhängig von seltenen Erden, die nur in kleinen Mengen im Boden zu finden sind und aufwändig gefördert werden müssen. Und auch wenn die Digitalisierung stetig voranschreitet, bringt der momentante Technologietrend keine Dematerialisierung mit sich, im Gegenteil. Wie Batteriezellen aus Elektroautos umweltschonend entsorgt oder ihre Bestandteile gar in den Stoffkreislauf reintegriert werden können, ist zum Beispiel bisher noch offen. Fest steht nur, es werden immer mehr Elektroautos produziert.

Kobalt, ein wichtiges Konfliktmineral, welches in erster Linie unter menschenunwürdigen Bedingungen in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut wird, ist derzeit übrigens unersetzbar in der Produktion von Batterien. Und die Wissenschaft wird in den nächsten Jahrzehnten vermutlich keinen Weg finden, um die seltene Erde durch ein weniger problematisches Äquivalent zu ersetzen. Allein durch den Kobalt-Abbau im Kongo kommt es zu massiver Luft- und Wasserverschmutzung, Landenteignung, Kinderarbeit, gesundheitlichen Problemen durch Kobaltstaub sowie radioaktives Begleitgestein und vieles mehr.

Auf den Schultern Deutschlands lastet als großem Ressourcenimporteur also auch große Verantwortung. Leider kommen weder die deutsche Industrie noch die Politiker*innen dieser Verantwortung bisher nach. Und deshalb gab Frau Schurath den Anwesenden ein paar ToDos mit auf den Weg:

  1. Weniger ist mehr (Suffizienz): Einfach beim nächsten Handyvertrag kein neues Smartphone sondern ein gebrauchtes oder fair gehandeltes kaufen.
  2. Wer nutzt, trägt auch Verantwortung: Achtet darauf, welche Ressourcen in euren Produkten stecken und hinterfragt, wie sie dort hinkommen.
  3. Aktiv werden: Ein wichtiger Schritt zu mehr Ressourcengerechtigkeit ist eine transparente Produktionskette, mit der Firmen nicht erst im eigenen Werk Verantwortung übernehmen, sondern von Beginn an. Fragt bei den Produzent*innen nach, was sie für die faire Herstellung ihrer Produkte tun oder engagiert euch in Vereinen, die Menschenrechte im Bereich Ressourcen schützen und stärken wollen, wie INKOTA.

Interessante Links zum Thema

  • Environmental Justice Atlas (EJAtlas): Dieser digitale Weltatlas zeigt Konflikte durch Umweltaspekte auf der ganzen Welt, unterteilt nach den betroffenen Bereichen, wie Wassermanagement oder Abfallentsorgung.
  • Fair gehandelte Smartphones? Gibt es schon! Fairphone und Shiftphone machen es vor.
  • Blood in the Mobile: Der Film aus dem Jahr 2010 macht sich auf die abenteuerliche und gefährliche Suche nach den Ursprüngen der seltenen Erden in unseren Handys und wird fündig. Der damals noch branchenführende Konzern Nokia will vom Blut an seinen Handys jedoch nicht wissen.

Text: Theresa Zakrzewski
Bild: Film “Blood in the Mobile”

Akteur*innen für Nachhaltigkeit an der TU Dresden

Wisst Ihr eigentlich, wer an unserer Universität im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit tätig ist? Am Donnerstag, dem 17. Januar hatten alle Teilnehmenden der Umweltringvorlesung NOCHMAL KURZ DIE WELT RETTEN? – Nachhaltiger Alltag (II) die Gelegenheit, die entsprechenden Akteur*innen bei einer Podiumsdiskussion zum Thema “Nachhaltiger Unialltag” kennen zu lernen und ihnen Fragen zu stellen. Zu Gast waren Vertreter*innen folgender Institutionen:

Moderiert von Jana Lintz aus dem Organisationsteam der Umweltringvorlesung, stellten sich alle Anwesenden vor und beschrieben, was genau sie an der Uni für mehr Nachhaltigkeit tun.

18.000 Portionen Essen gehen jeden Tag über die Theken der Dresdner Mensen, eine imense Menge. Dennoch gelingt es dem Studentenwerk, die Abnahme der Gerichte gut zu kalkulieren, so dass kaum Reste entstehen. Viele Zutaten werden frisch angeliefert und das Mittagsangebot wird, je nach Bedarf, in Chargen produziert, damit es immer frisch für die Mensa-Besucher*innen zur Verfügung steht. In der Bio-Mensa stammen alle verkauften Speisen und Getränke, von der Suppe bis zum Gebäck, aus ökologischer Landwirtschaft. Mit dem Verkauf von Thermo- und MensaCups sowie dem 20 Cent-Rabatt für Kaffee in selbigen Behältnissen geht das Studentenwerk bewusst gegen die großen Abfallmengen durch ToGo-Becher vor.
Problematisch: Bei all seinen Bemühungen stehen für das Studentenwerk als Wirtschaftsbetrieb eine positive Bilanz und ein für Studierende vertretbarerer Preis in den Mensen im Vordergrund. Getränke in Einweg-Plastikflaschen zugunsten von Glasflaschen aus dem Sortiment zu nehmen, sorgt beispielsweise mitunter für ausbleibenden Absatz. Hier bedarf es mehr Aufklärungsarbeit aller Akteur*innen, um Studierende und Mitarbeiter*innen für einen umweltfreundlicheren Lebensmittelkonsum zu sensibilisieren. Auch die nicht eingehaltene Mülltrennung in vielen Wohnheimen lässt sich nur schwer kontrollieren. Daraus resultiert meist die Abschaffung der Mülltrennung – alles landet im Restmüll. Anregungen aus dem Publikum wie der Ausbau des vegetarischen und veganen Mittag-und Abendangebotes oder das Freigeben von übrig gebliebenen Beilagen für den Einzelverkauf wurden dankbar aufgenommen.

Die Gäste der Podiumsdiskussion im Gespräch (v.l.n.r.): Julia Leißner, Manja Franke, Christian Weißenfels, Jana Lintz, Dr. Ines Herr, Kathrin Brömmer, Prof. Dr. rer. nat. Stefan Gumhold

Bereits mehrmals führte die tuuwi Vernetzungstreffen durch, zu denen alle Nachhaltigkeitsbeauftragten der Fachschaftsräte eingeladen wurden. Leider ist das Thema Nachhaltigkeit in vielen FSRen noch nicht angekommen weshalb die entsprechenden Beauftragten fehlen. Der FSR Architektur und Landschaftsarchitektur hat mit Christian Weißenfels zum Glück einen sehr engagierten Nachhaltigkeitsbeauftragten. Auf Veranstaltungen des FSR werden demnächst nur noch Mehrwegbecher genutzt, die angebotenen Getränke sind möglichst bio und regional und im FSR-Büro, wird Müll getrennt*. Probleme gibt es noch mit der Beleuchtung in Zimmern und auf Gängen. Oft sind diese Orte hell erleuchtet, obwohl sich dort niemand aufhält. Hinter dem BZW befindet sich ein großer Container zur Abfallsammlung der Fakultät. Hier landen z.B. kaum genutzte oder wiederverwendbare Materialen sowie Modelle. Sauber nach Materialien getrennt, könnten diese dem Recycling zugeführt werden oder Ausgangsstoffe für neue Modelle bieten. Auch hier fehlt noch das Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen.

Auf universitärer Seite übernimmt das Dezernat 4 die Koordination des Umweltschutzes an der TU Dresden. Wichtige Handlungsbereiche umfassen zum Beispiel Abfall, Biodiversität/ Campusgestaltung, Mobilität sowie Energie. Neben der seit 2003 jährlich zu erneuerden Zertifizierung durch das Umweltmanagementsystem EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) zeigt sich die Arbeit des Sachgebietes durch Aktionstage, Infoblätter, Müllwegweiser sowie Projekte und Maßnahmen, zum Beispiel dem Anbringen von Nistkästen, der Einrichtung des “Trimm dich-Pfades” oder dem Projekt “Insektenfreundliche Wiesen“.
An Grenzen stößt das Dezernat beispielsweise bei der Auswahl des Stromanbieters und der Stromquelle: Die Universität verwaltet ihren Strom nicht selbst, sondern erhält ihn zusammen mit vielen weiteren Betrieben durch das Land Sachsen. Dieses muss ein entsprechendes Stromangebot öffentlich ausschreiben lassen und letztlich das günstigste Angebot wählen. Zwar hat Sachsen erst kürzlich seine neue Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet, an der Umsetzung und Implementierung in höchsteigene Strukturen scheint es aber noch zu hapern.

Prof. Dr. rer. nat. Stefan Gumhold erklärt Aufgaben und Funktionen der Kommission Umwelt

Die Kommission Umwelt vernetzt die wissenschaftlichen Bereiche der Universität durch Entsandte aus allen Instituten. Zusätzliche Mitglieder sind Gäste von städtischen Unternehmen und Vereinen sowie wichtigen Partner*innen, wie das SIB (Sächsisches Immobilien- und Baumanagement) oder die Stadt Dresden. Die Kommission dient als Ansprechpartnerin, Ideenschmiede, Kommunikationsplattform und bündelt Kompetenzen aus allen Fachrichtungen. Leider ist sie nicht weisungsbefugt, sondern kann nur beratend tätig werden. Tatsächlich ist ihre Präsenz innerhalb der TU ohne eigenen Internetauftritt derzeit noch verschwindend gering.

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*Mülltrennung in den Büros der TU Dresden ist übrigens eher eine Seltenheit. Die Papierkörbe in den Zimmern selbst dienen eigentlich nur der Sammlung von Altpapier. Erst draußen auf den Gängen, teils weit entfernt, kann weiterer Müll getrennt entsorgt werden. Der Verstoß gegen die Mülltrennungsordnung in den Büros ist ein großes Problem.

Ihr habt Verbesserungsvorschläge oder wollt konstruktive Kritik anbringen? Wendet euch gern an unsere Gäste. Hier findet ihr die Kontaktdaten:
Studentenwerk
FSR Architektur und Landschaftsarchitektur
Dezernat 4, Sachgebiet 4.4
Kommission Umwelt

Wusstet ihr schon, dass..
.. unsere Universität ihre eigenen Umweltleitlinien besitzt?
.. ein Projekt namens “Nachhaltiger Campus” in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen, Verwaltunspersonal sowie allen Studierenden einen Plan für eine grüne, gesunde Umgestaltung des Campus’ entwickelt?

Bilder:
-Titelbild: Stephan Schöps
-Bilder Podiumsdiskussion: Theresa Zakrzewski

Text: Theresa Zakrzewski

Veröffentlicht in URV

Von der Umwelt zur Unswelt

Die tiefgreifenden Veränderungen, welche wir Menschen am Planeten Erde vornehmen, haben in der Wissenschaft dazu geführt, dass inzwischen ein ganzes geologisches Zeitalter nach uns benannt wurde – das Anthropozän. Es löst das Holozän – übersetzt “Das völlig Neue” – ab und lässt namentlich zumindest etwas besser erkennen, was maßgebend für das Zeitalter ist: der Mensch. Was das für unser jetziges Leben bedeutet und welche Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung bestehen, hat im gestrigen Vortrag der Umweltringvorlesung (UM)WELTBILDER – Weltansichten, Werte und Wirklichkeiten in Kooperation mit dem Institut Integrale Prof. Dr. Reinhold Leinfelder von der Freien Universität Berlin beschrieben.

Geprägt wurde der Begriff Anthropozän im Jahr 2000 von Prof. Dr. Paul J. Cruzen und er bedeutet, dass der Mensch entscheidenden Einfluss auf das Erdsystem hat. Er wirkt sogar als geologische Kraft. Der größte Teil der Erdoberfläche hat eine menschliche Veränderung erfahren. Wir haben die Meere überfischt. Wir sorgen für höhere Erosionsraten von Böden. Wir haben den CO2-Gehalt in der Atmosphäre in die Höhe getrieben. Nur noch ein Viertel der eisfreien Oberfläche ist noch tatsächliche Wildnis. Wir haben die Populationsdichte der auf der Erde lebenden Arten um 60 % reduziert. Und das alles innerhalb von wenigen hundert, wenn es um die momentane Intensität menschlichen Einflusses geht, sogar innerhalb der letzten 70 bis 80 Jahre. Dabei stellen die Menschen nur 0,01 % der vorhandenen Biomasse unseres Planeten dar.

Seit circa 1950 stellt man in der Geologie einen unverhältnismäßig starken Anstieg menschlicher Eingriffe und Hinterlassenschaften fest. Im Boden finden sich Rückstände von Beton und Industrieasche. Überall ist Plastik. Und natürlich ist auch der radioaktive Fallout messbar. Eine Technosphäre ist entstanden, die bereits erste Technikfossilien hervorgebracht hat. Übrigens könnte man die gesamte Erdoberfläche mit einer Schicht aus Stücken mit einem Gewicht von 50kg pro m² vollständig bedecken. Das entspräche der Masse der von uns geschaffenen Technosphäre.

Prof. Reinhold Leinfelder stellte in seinem Vortrag sehr plastisch dar, wie allumfassend der Mensch sich auf der Erde ausgebreitet und sie in Besitz genommen hat. Wir haben sie in einen schrecklichen Zustand gebracht. Nicht länger dürfen wir uns hinter Ausreden verstecken- kein “Was richte ich allein schon aus?”, kein “Der Klimawandel existiert nicht”, kein “Aber es sind doch die Anderen schuld”. Unser Verhältnis zur Umwelt muss neu ausgerichtet und die positiven Aspekte unserer Anstrengungen zum Schutze des blauen Planten hervorgehoben werden. Nachhaltigkeit muss neu definiert werden- aus den drei im Brundtland-Bericht definierten Sphären muss ein ganzheitliches Bild werden: Ökonomie, Soziokultur und Erdsystem dürfen nicht nur unsere Umwelt sein, sondern müssen, so Leinfelder, zur “Unswelt” werden.

Behandeln wir die Erde wie eine Stiftung, mit einem Zweck und einem Kapital. Werden wir endlich aktiv, führen wir die Kreislaufwirtschaft ein. Nutzen wir Bildung und eigenes Handeln als Möglichkeit für Sinnstiftung in unserem Leben. Das Anthropozän ist weniger ein eigenes Weltbild als eine neue Sicht auf die Welt und so brauchen wir eine komplexere, systemische Sicht auf die Dinge, keine aus dem Zusammenhang gerissenen Einzelaspekte. Die Wissenschaft hält verschiedenste komplexe Versionen der Zukunft der menschlichen Rasse für uns bereit, auch negative. Und tatsächlich war das Menschenzeitalter bisher eher von unseren negativen Handlungen geprägt. Doch das muss nicht so bleiben. Welche Zukunft wir letztlich haben, entscheiden wir selbst!

Eine noch zugespitztere Version des Anthropozäns, das Kapitalozän, stellt Prof. Dr. Harald Lesch in seinem Vortrag an der TU Ilmenau vom 02.12.2018 vor:

“Das Kapitalozän – Erdzeitalter des Geldes” von Prof. Dr. Harald Lesch

Text: Theresa Zakrzewski
Foto: Henning Wagenbreth